Nepal: die aktuelle Corona-Lage

Weg von unserem Eurozentrismus! Manches, worüber wir uns hierzulande empören, vieles was manche in Panik versetzt – es stellt sich als Luxusproblem dar, wenn wir vom eigenen Tellerrand aufblicken würden!

Ich habe schon zwei Berichte von Josef Erdrich hier aufgenommen. Im ersten Bericht vom 15.9.2020  „Nepal in diesen Zeiten“ schrieb ich einleitend : „Josef Erdrich hat sich seit vielen, vielen Jahren in Nepal engagiert, dort eine Schule und ein Hostel aufgebaut. Er kann die Situation absolut zuverlässig einschätzen. 

Was er von Nepal schreibt, gilt ähnlich oder genauso in vielen armen Ländern. Aber das Projekt von Josef Erdrich, das im Laufe sehr gewachsen ist,  hat den Vorteil, dass es überschaubar ist und man keine Angst haben müsste, das Geld versickere irgendwie. Informieren kann man sich: http://www.ashaprimaryschool.com/kopie-von-informationen

Nummer des Spendenkontos(Gemeinnützigkeit anerkannt)  für dieASHA Primary School in Nepal  DE46 6645 0050 0000 1444 44

Der zweite Bericht vom 15. Mai 2021  trug die Überschrift „Corona in Nepal Oder: Wie eine wirkliche Katastrophe aussieht“

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Heute nun bekam ich von Josef Erdrich einen aktuellen Bericht – zum Glück nicht nur mit Schreckensmeldungen (die natürlich auch) sondern auch mit einem Hauch von Hoffnung!

Danke, lieber Herr Erdrich, für die Erlaubnis, den Text vom 27.11.2021 hier einzustellen… und vielleicht spendet jemand auf das oben angegebene Konto! 

 

27.11.21: Aktueller Situationsbericht zur ASHA-Schule, zum ASHA-Hostel und zur weiterführenden SDB-Schule

Zur Lage im Land Nepal und zur Corona Pandemie 

 

ASHA-Schule

Rückblick: Im Jahr 2020 waren die Schulen, Colleges, Universitäten 7 Monate
geschlossen. In diesem Jahr waren es 6 bis 7 Monate.

Unser Unterricht an der ASHA- und der SDB-Schule fand teilweise Online statt, sofern in der Familie ein funktionierendes Smartphone vorhanden ist. In der großen Anzahl wurden in den Schulen Aufgabenblätter bereitgestellt. Diese wurden von den Schülern oder den Eltern abgeholt und bearbeitet. In der nächsten Woche wurden diese zur Korrektur wieder gebracht und es gab neue Blätter. Unterrichtet wurden so die Hauptfächer. Kunst, Musik u.ä. konnte natürlich nicht unterrichtet werden.

Die finanzielle Situation der Menschen

Diese Unterrichtsformen waren nicht für alle Schüler möglich. Es gab und gibt Familien welche sich die Stadt Kathmandu nicht mehr leisten konnten oder können. Es sind einige in die Dörfer gegangen wo sie Verwandte haben. Diese
haben in der Regel eine kleine Landwirtschaft und sie müssen meist keine Miete bezahlen.

Ohne Arbeitseinkommen in Kathmandu ist es nicht möglich Lebensmittel und Kochgas zu kaufen. Hinzu kommt noch die Mietzahlung. Die Preise für Grundnahrungsmittel, wie zum Beispiel für Reise sind explodiert, 50 bis 80 % und mehr sind die Regel.

Hier unterstützen wir so gut es geht durch den Kauf von lebensnotwendigen Dingen. Wir geben auch etwas Mietbeihilfe und zahlen beispielsweise dringend notwendige Medikamente und Arztbesuche.

Die gute Nachricht

Die gute Nachricht: Am 8. November durften alle Bildungseinrichtungen wieder öffnen. Zunächst wurde dies für ältere Schüler probeweise gestattet. Nach 10 Tagen durften alle Kinder wieder kommen. Der „Normalbetrieb“ in Präsenz ist
damit wieder ermöglicht. Für unsere Kinder dürfen wir nun auch wieder ein reichhaltiges warmes
Mittagessen ausgeben. Von Schulseite werden alle möglichen Hygienemaßnahmen durchgeführt. Mehr
geht nicht!
Natürlich stehen die Öffnungen von Behördenseite unter dem Vorbehalt, dass bei einer Lageänderung sofort wieder ein Lockdown ausgerufen werden wird. In der ASHA-Schule sind beinahe alle Kinder wieder zurückgekehrt. Einzelne
fehlen noch weil die Familien wohl noch in Dörfern bei Verwandten sind. Wir gehen davon aus, dass nur wenige Kinder letztlich aus diesem Grunde nicht mehr kommen werden.

Endlich wieder im ASHA Hostel!

Die Kinder sind alle wieder zurück. Das Leben dort findet wieder im gewohnten Rahmen mit den üblichen Abläufen statt.
Die Kinder sind glücklich. Jedes hat wieder ein eigenes Bett. Geregelte Mahlzeiten und das spielen und lernen mit den Freunden bringen wieder die dringend notwendige Normalität.

Die Situation in der weiterführenden Schule (Klassen 6-10)

In dieser weiterführenden Schule sind 73 ehemalige ASHA-Schüler gemeldet. 68 Schüler*innen sind seit dem 8. November wieder im Präsenzunterricht. Mit 4 Schülern besteht Kontakt. Sie sind noch mit ihrer Familie im Dorf bei Verwandten. Die Rückkehr ist angekündigt. Hoffen wir, dass diese gelingt. Zu einem Schüler besteht im Augenblick kein Kontakt.

Wir haben nicht erwartet, dass nach diesem auf und ab in den knapp 2 Jahren so viele Kinder wieder kommen (können). Die Verwerfungen durch die Lockdown’s und damit einhergehendem Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung waren und
sind zu groß.

Finanzielle Hilfe durch deutsche Paten

Dass nahezu alle ehemaligen ASHA-Kinder wieder da sind ist in jedem Falle darauf zurückzuführen, dass der Schulbesuch durch die Paten ermöglicht wird. Von den übrigen Schülern welche diese Unterstützung durch unsere Paten nicht
haben sind bislang nur etwa 75 % zurückgekehrt. Hoffentlich verbessert sich diese Quote noch.

Covid und die unsichere Zukunft der Mädchen

Am 13. Oktober 2021 veröffentlichte die UNESCO – UNICEF folgende Mitteilung zu Nepal:
„Die Schließung von Schulen aufgrund von COVID 19 hat und bringt schätzungsweise 4,5 Millionen Mädchen in Gefahr ihre Schulausbildung nicht abschließen zu können“. Die Veröffentlichung erfolgte am „internationalen Tag
der Mädchen“. „Das Risiko von Kinderarbeit (gilt auch für Jungen), geschlechtsspezifischer Gewalt, Früh- und Zwangsheirat kann und wird wohl zunehmen, was dazu führen kann, dass viele Mädchen nie wieder zur Schule
gehen“.

Es war ein großer Erfolg der vergangenen Jahre, dass die Einschulung von Mädchen in Schulen deutlich zugenommen hatte, wobei der Geschlechtsparitätsindex der Jungen und Mädchen 1 : 1 erreicht hat. Bei uns in den beiden Schulen haben wir etwas mehr Mädchen als Jungen.

Die Lage im Land

Die Situation der Eltern unserer Schüler ist nach wie vor höchst problematisch. Viele haben die Arbeit als Tagelöhner verloren. Es ist schwierig wieder Arbeit zu finden. Vor allen Dingen junge Menschen; Frauen und Männer machen sich auf den Weg im Ausland, vor allen Dingen in arabischen Staaten, zu arbeiten.
Die nepalesische Regierung ermutigt dazu. Sie hofft auf Geldrückflüsse an die Familien. Die aufnehmenden Staaten erteilen problemlos Arbeitsvisa. Dies läuft nahezu immer über Vermittler in Nepal. Sie besorgen Dokumente und
finanzieren bei Bedarf – dieser ist meist gegeben – auch Tickets. Und ihr meist üppiges Honorar. Sie finanzieren das Ganze meist zu Wucherzinsen. Mehr als 20 % Zinsen sind durchaus üblich. Dies war in der Vergangenheit so und wiederholt
sich jetzt. Viele arbeiten lange Zeit um diese Schuld abzubezahlen. Wie die Arbeitsbedingungen nach wie vor im Ausland sind ist bekannt. Da hat sich nichts verbessert. Im Gegenteil! Stichwort Katar u.a. !

Laut Regierungsverlautbarung leben von den ca. 30 Millionen Einwohner Nepals 4 bis 5 Millionen im Ausland um dort zu arbeiten!
Obwohl nun wieder einzelne Flugverbindungen nach Nepal – zu noch sehr hohen Preisen – angeboten werden und man aktuell mit einer Doppelimpfung ohne Quarantäne wieder einreisen darf gibt es nur wenige Touristen.
Alle hoffen auf die Saison 2022……. Diese wird, wenn überhaupt möglich nur sehr langsam und zögerlich anlaufen.

Corona-Pandemie in Nepal

„Das Risiko einer Covid-19-Infektion ist unvermindert vorhanden und hoch. Die Menschen sollten nicht unnötig aus ihren Häusern kommen oder an gesellschaftlichen Zusammenkünften teilnehmen“ heißt es in einer Bezirksanordnung in welcher unsere Schulen liegen. Dies gilt praktisch für ganz Nepal. Die Infektionsrate ist nach wie vor hoch. Genaue Zahlen von der
Regierung gibt es nicht. Diese werden von den Menschen auch nicht (mehr) geglaubt. Ergebnis: Die Menschen sind weitestgehend auch ohne Masken wieder unterwegs. Um Arbeit zu suchen, um zu arbeiten, um Besorgungen zu erledigen.

Es heißt es die Lage in den Krankenhäusern hätte sich entspannt. Wenn jemand mit Covid in ein Krankenhaus muss wurde er bis vor wenigen Wochen wegen Vollbelegung abgewiesen. In einzelnen Privatkrankenhäusern gibt es wohl noch freie Plätze. Aber diese können sich nur reiche Leute leisten.


Der Winter steht unmittelbar bevor. Dadurch, dass die meisten Menschen auf engem Raum zusammen leben müssen wird die Ansteckungsgefahr zunehmen. In vielen Krankenhäusern haben die Ärzte und das Pflegepersonal seit einigen Monaten kein oder nur einen Bruchteil des Gehaltes bekommen. Selbst im Universitätskrankenhaus in Dhulikhel ist dies so. Dies soll sich nun wieder verbessern.

Die unmittelbare Angrenzung an Indien mit unkontrollierten Grenzen bereit Sorgen. Die Lage dort hat sich momentan zwar entspannt. Es werden aber weitere Wellen in diesem Riesenreich befürchtet. Alles was dort passiert geschieht in Nepal um wenige Wochen zeitversetzt ebenfalls….

Impfsituation

Die letzten von Regierungsseite veröffentlichen Mitteilungen vom 22. November 2021 geben an, dass 25,4 % der impfberechtigten Bevölkerung vollständig, also zweimal geimpft ist.
Boosterimpfungen gibt es (noch) nicht. Die Versorgung mit Impfstoff soll sich laut den Behörden verbessern. Dieser soll
zuerst dafür eingesetzt werden um Pflegepersonal und Menschen zu impfen
welche Vorerkrankungen haben.
Die Regierung geht davon aus, dass auf Grund von Zusagen bis Mitte April 2022 genügend Impfstoff vorhanden sein wird um alle Erwachsenen zu impfen.


Eine riesige Herausforderung wird es sein die Menschen in den abgelegenen Berggebieten des Himalya zu versorgen. Teilweise gelangt man dort nur, oft in mehreren Tagesmärschen zu Fuß, hin. Wie da eine Kühlkette funktionieren soll
scheint völlig ungeklärt. Verimpft wurden bisher alle Impfstoffe die zu bekommen waren: Aus China,
Indien, AstraZeneca, Moderna usw..

Josef Erdrich
27.11.21

Quellen – Fundstellen:
Dr. Roshana Shrestha
Anupendra Acharya (Schulleiter)
UNESCO – UNICEF
Diverse Zeitungen – z.B. Kathmandu Post
Internet
Deutsche NGO‘s

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