Von Luftbrücken und Luftschlägen.

En paar Gedanken zum Ende der Berliner Luftbrücke vor 70 Jahren

Dieses Gefühl den Amerikanern gegenüber – das ist mir unfassbar, dass das heute auf diese Weise so in die Brüche ging.“ (Zeitzeugin 2019 im Deutschlandfunk)

Heute vor 70 Jahren konnte die Luftbrücke nach Berlin eingestellt werden. Nach fast einem Jahr: am 24. Juni 1948 hatte sie begonnen. Eine verdammt lange Zeit.

Bewusst habe ich (Jahrgang 1946) das natürlich nicht erlebt, atmosphärisch jedoch war es präsent und prägend für mich bis hin zu Kennedys Satz bei seinem Berlin-Besuch 1963 „Ick bin ein Börliner.“ Aber als ich ein wenig nachgelesen habe, stellte ich fest, dass ich diese Luftbrücken-Zeit entschieden zu harmlos abgespeichert hatte, so ein bisschen als Indianerspiel Amis gegen Russen, das mit Hilfe von Rosinenbombern gewonnen wurde.

Zu den Fakten: Nachdem in den Westsektoren Berlins die Währungsreform durchgeführt wurde, sperrten die russischen Besatzer nicht nur sämtliche Verbindungswege, sondern auch die Stromversorgung. Eine Stadt mit 2,2 Millionen Einwohnern aus der Luft zu versorgen – da ging es nicht um Rosinen und Schokolade. Tatsächlich wurde hauptsächlich Kohle eingeflogen. Trotzdem froren die Berliner im Winter 48/49 verdammt und die tägliche Kalorienration war zum Erbarmen. Im Juli 1948 glaubten 86% der Berliner nicht, dass die Sache mit der Luftbrücke klappen könnte, sondern sie rechneten mit der Preisgabe Westberlins an die Russen.

Die logistische Leistung der Amerikaner und Briten kann man einfach nur fantastisch nennen (die Franzosen waren so gut wie nicht dabei: Ihre Flugzeuge brauchten sie im Indochinakrieg…. Dazu kommen wir gleich noch). Das ist der Stoff, aus dem Heldenlieder komponiert werden.

Und dennoch habe ich mich gefragt: Was waren die Motive hinter dieser äußerst werbewirksamen und loyalitätsaufbauende Strategie? Um was ging es eigentlich? Ich habe meine Zweifel, ob es eine solche Luftbrücke zum Beispiel nach einem Erdbeben mit gleicher Auswirkung gegeben hätte. Naturkatastrophe reicht wohl nicht. Da braucht es noch einen „Feind“. Oder?

Ich denke an Leningrad, ungefähr so groß wie Westberlin, belagert von der deutschen Wehrmacht vom 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944. 1,1 Millionen Tote forderte die „Vernichtung durch Hunger“. Da war keine Luftbrücke möglich. Aber in wie vielen Fällen würde eine Luftbrücke, ein Luftbrücklein helfen? Warum ist „Not“ keine ausreichende Begründung?

Von der Berliner Luftbrücke ist ein ganz kurzer Weg zu Luftschlägen. Dass die Franzosen ihre Flugzeuge brauchten, um im Indochinakrieg zu bombardieren, statt Milchpulver nach Berlin zu fliegen, erwähnte ich bereits. Derselbe Berliner John F. Kennedy ordnete 1961 an, dass die amerikanische Luftwaffe Agent Orange (Dioxin) versprüht, zur Entlaubung des Dschungels und um Reisfelder zu zerstören.  45 Millionen Liter waren es am Ende… und noch einige Millionen Liter anderer Herbizide.

1965, also sechzehn Jahre nach den Rosinenbombern setzten die Amerikaner im Vietnamkrieg Napalm ein (löst Brände bis 2000 ° C aus). Meist wurde es aus Jagdbombern abgeworfen. Insgesamt 400.000 Tonnen… Nach Berlin wurden 2,1 Millionen Tonnen Hilfsgüter geflogen.

Wie verrückt sind wir eigentlich? Wir alle! Aber wir können auch anders. Wir könnten auch anders.

Zeitzeugen der Luftbrücke (gibt nicht mehr so viele. Deshalb lohnt es sich, den Link aufzurufen):

https://www.deutschlandfunk.de/70-jahre-nach-ende-der-berliner-luftbruecke-schokolade-und.1773.de.html?dram:article_id=448388

Ausführliches über die Luftbrücke:

https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Luftbr%C3%BCcke

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