Rückkehr zu Montaigne

Ich hatte schon vor längerer Zeit mal einige Zitate von Montaigne auf dieser Website notiert. Dann ist mein Lieblingsphilosoph bei mir etwas in Vergessenheit geraten. Aber jetzt habe ich mich wieder an ihn erinnert und möchte an ihn erinnern: Michel de Montaigne (1533 bis 1592) lebte in einer extrem schweren Zeit: Religionskriege, Pest… Nur eines seiner Kinder erreichte das Erwachsenenalter. Er war Bürgermeister von Bordeaux, Berater zweier französischer Könige und versuchte in dieser Funktion Frieden zwischen den verfeindeten Konfessionen zu stiften. Vor allem aber war er Philosoph, Humanist – ein wirklich humaner Humanist! – und er war Skeptiker. Skeptisch gegenüber sich, gegenüber der Religion, gegenüber dem „was sich gehört“ oder dem was als „Wahrheit“ gehandelt wird. D. h. so jemanden wie ihn bräuchten wir dringend!

Außerdem konnte er sehr witzig sein. Er brachte tiefe Wahrheiten in kurzen Sätzen auf den Punkt.

Ein Zitat, das ich sehr mag, habe ich leider nicht mehr gefunden, ich kann es nur so ungefähr aus dem Kopf wiedergeben. Er nimmt die – gerade heute wieder besonders aktuelle – Tendenz auf die Schippe, dass man an einem Feind oder Gegner alles schlecht finden muss. Also nur schwarz oder weiß. Kein gutes Haar…

Sinngemäß sagte er: „darf ich von einem Dieb nicht sagen, dass er schöne Beine hat? Muss ich von einer Hure sagen, dass sie aus dem Maule stinke?“

Ich habe jetzt noch ein paar Zitate von Montaigne  herausgesucht, die mir gut gefallen, und Ihnen vielleicht auch:

 

Wenn einer einen wirklich klaren Gedanken hat, kann er ihn auch darstellen.

(Damit nimmt der ein bisschen Karl Raimund Popper vorweg)

 

Jedem kann es passieren, dass er mal Unsinn redet; schlimm wird es erst, wenn er es feierlich tut.

 

Nur die Dummen haben sofort eine Überzeugung fertig.

 

Auf dem höchsten Thron der Welt sitzen wir doch nur auf unserem Hintern.

In anderen Übersetzungen wird statt „Hintern“ ein anderes Wort gebraucht, das mir aber gerade entfallen ist.

 

Die Frauen haben nicht unrecht, wenn sie sich den Vorschriften nicht fügen wollen, welche in der Welt eingeführt sind. Weil die Männer sie verfasst haben, ohne die Frauen zu fragen.

Na, und das im 16. Jahrhundert. Wie weit sind wir?

 

Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will.

Hat wohl schon Seneca oder Cicero so ähnlich gesagt, Montaigne kannte sie- in und auswendig.

 

An den Tod zu denken heißt, sich die Freiheit zu bewahren.

 

Die meisten Menschen vermieten sich; sie verwenden ihre Kräfte nicht für sich, sondern für die von denen sie sich beherrschen lassen: nicht sie selber sind bei sich Zuhause sondern ihre Mieter.

Kommentare

  1. Marion
    5. September 2022

    Ja, ich liebe Montaigne auch. Obwohl er gestorben ist, lebt er in gewisser Weise und bedeutet Vielen viel.
    „An den Tod zu denken heißt, sich die Freiheit zu bewahren.“
    – Danke für Deine vielen klugen Gedanken, Hinweise, Bilder, Assoziationen. Danke für Deine Kreativität, Deine Lebendigkeit – sie bleibt, auf ihre Weise.
    Montaigne ist gegangen. Wir bleiben noch eine Weile – der/die eine länger, der/die andere kürzer -; dann kommen wir nach.

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