Weihnachtliche Dankbarkeit angesichts unterbrochener Wasserversorgung

Kurz vor Weihnachten. Ich war erstens erkältet, zweitens im Einkaufsstress. Nach dem Aufstehen drehte ich den Wasserhahn auf. Pfffft. Tröpfeltröpfel. Die Klospülung tat einmal, aber – so viel war zu hören – danach wäre Schluss. Automatisch strebte ich zur Dusche. Neee. Kann ich mir sparen. Zähneputzen ist auch nicht.

Ogottogottogott. Das hat mir gerade noch gefehlt! Es hatte keine Mitteilung gegeben, dass das Wasser abgestellt würde. Das wird doch nicht etwa bei mir im Haus was sein? Die Horrorgeschichte einer Patientin fiel mir ein: Wasserrohrbruch mit allen Schikanen. 

Während ich so mehr und mehr panisch nachdachte, in den Keller ging und wieder hoch und wieder runter, einen besorgten Blick aus dem Fenster warf, die Wasseruhr betrachtete und mal wieder merkte, dass ich von nichts eine Ahnung habe, hatte ich wenigstens dreimal den Wasserhahn aufgedreht. Automatisch. Um mir die Finger zu waschen, um das Teewasser aufzusetzen, um was auszuspülen… Wie oft man das tagtäglich gedankenlos tut. 

UND DAS JETZT AM FREITAG VOR WEIHNACHTEN!

Allmählich machte die Panik anderen Gedanken Platz: Mit welcher Selbstverständlichkeit gehe ich eigentlich davon aus, dass Wasser aus der Leitung kommt und zwar in einwandfreien, sauberen Zustand? Mit welcher Selbstverständlichkeit nehme ich die Versorgung mit Elektritzität (gehe ich recht in der Vermutung, dass ohne Elektritizität auch meine Ölheizung aufgeschmissen wäre?), die Müllabfuhr und und und in Anspruch? Es gibt nicht wenig Länder, da wird einem zwei, drei Stunden am Tag Wasser zugeteilt. Müllabfuhr  gar nicht…

Die Nachbarin ruft an. Ich lasse sie gar nicht zu Wort kommen: „Ich weiß, warum du anrufst! Bei euch läuft das Wasser auch nicht!“  Nee, hätte sie noch gar nicht registriert. Sondern: Ob ich heute nacht den Feueralarm nicht auch gehört hätte?  Sie schicke mir gleich ein Bild. Ziemlich dramatisch. Flammen bis Gott weiß wohin, Feuerwehrleute mit riesiger Drehleiter…

Ah so. Zum Löschen braucht man Wasser, vermutlich gibt es da einen Zusammenhang.

So war es auch. Und es gibt eben noch einen Zusammenhang: Mit welcher Selbstverständlichkeit ich davon ausgehe, dass die Feuerwehr, die Polizei, der Krankenwagen kommt, wenn ich anrufe.  Und zwar sofort. Dass der Schneeräumdienst schon früh am morgen die Straßen bis zum letzten Hof im Gebirge befahrbar macht. Dass die Erzieherin, die Lehrerin (meistens) ihren Dienst tun und (meistens) ganz gut. Dass meine Briefe und Päckchen vor Weihnachten überraschend schnell die Empfänger erreichten. Und. Und. Und.

Ja. auch die Deutsche Bahn gehört in den Kreis der „Selbstverständlichkeiten“! Genau die Deutsche Bahn, die die im Intercity vergessene selbstgebastelte Martinslaterne meines Enkels wieder besorgte. Er, heulend sein Missgeschick wahrnehmend – die Laterne sollte ein Geschenk für die Oma sein, hatte sich nicht beruhigen lassen und wir sind dann zum Informationsschalter des Bahnhofs gegangen. Der Mann am Schalter informierte das Zugpersonal. Das Zugpersonal informierte den Mann am Schalter, die Laterne sei gefunden und eine Mitarbeiterin, die von Basel wieder zurück nach Offenburg fahren würde, brächte sie mit. Am nächsten Tag konnten wir sie abholen.    

… eins kam zum andern und inzwischen lief das Wasser wieder.Wie abhängig war ich doch!

Ich richtete den Weihnachtsumschlag für die Müllmänner und das Geldgeschenk fiel dieses Jahr  besonders reichlich aus und ein ganz herzliches Dankeschön plus Schokolade kam auch noch dazu.

Ja, ich zahle gern Steuern, erklärte ich mir mit fester Überzeugung.

Und ich bin wütend auf all die Schlaule, die es Cum-Ex oder ohne Cum-Ex, aber mit Hilfe findiger „Steuersparmodelle“  so ungemein smart finden, hier einen Tausender zu sparen und dort vielleicht auch mal einen Zehntausender. (Sehr lesenswert dazu, kostet aber was: ) Weil: Steuern zahlen ist unsexy und nur was für Doofis. Für die da unten. .Denen die Steuer automatisch vom Lohn einbehalten wird. Die für jedes Pfund Butter für jede Flasche Bier ihre Mehrwertsteuer zahlen.

Die sich kein Beispiel an den reichen Erben nehmen können , nicht wegen mangelnder Schlauheit, sondern mangels Masse. 

Ich bin wütend auf jene steuervermeidenden Arbeitgeber, die über die schlechte Schulbildung ihrer Lehrlinge jammern, die SUV-Helden, die über marode Brücken lästern und dass der Staat nichts auf die Reihe kriegt, die Business-Menschen im 1.Klasse-Abteil, die die Augen verdrehen, wenn sie „Deutsche Bahn“ hören…  „ich könnte Ihnen Stories erzählen. UUUUUNGLAUBLICH! ABSOLUT UNFÄHIG!“ 

Ja! Ich zahle gern Steuern. Ich wurde vorweihnachtlich mal wieder daran erinnert, wofür.

Und das ganze asoziale Pack der Steuervermeider soll der Teufel holen.           

 

 

 

 

 

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