Maskenpflicht: Kappstein zerpflückt RKI – Borsche zerpflückt Kappstein … und wird von ForenteilnehmerInnen zerpflückt

Es ist jetzt schon eine Woche her, da machte mich Sandra S. auf einen Artikel von Lorenz Borsche in  dem von mir geschätzten telepolis aufmerksam. Ich möchte mich ausdrücklich dafür bedanken. Ich finde es gehört nicht nur zum guten Stil, sondern ist einfach notwendig, um sich wirklich eine Meinung zu bilden, dass ich auf diesen Artikel hier aufmerksam mache, der konträr zu dem ist, was Prof. Dr. Kappstein geschrieben hat. Nur so kommen wir wirklich weiter.

Kappstein zweifelte in ihrem Artikel an der Sinnhaftigkeit der Maskenpflicht, Borsche hält die Beweisführung von Kappstein und anderen für nicht korrekt. Vorsichtig ausgedrückt.

Während ich dem Artikel von Kappstein als Laie noch weitgehend folgen konnte, musste ich bei dem Artikel von Borsche zum Teil das Handtuch werfen. Dazu fehlt mir einfach das Fachwissen um beurteilen zu können, wie korrekt oder evident das ist, was der Autor schreibt.

Was mich allerdings stört, beginnt schon bei der Überschrift: „Die Vordenker der Querdenker – über den Umgang mit Zahlen und Statistiken“. Diese Zuschreibung ist ärgerlich und trägt nicht zu einem rationalen Diskurs bei. Sie findet sich im Artikel immer wieder. Das hat mit Wissenschaftlichkeit nichts, mit Ernstnehmen anderer Sichtweisen wenig zu tun, aber sehr wohl mit Diffamierung.

Es beeindruckt mich auch herzlich wenig, dass in einem anderen Link zu lesen ist, dass sich das Klinikum Passau von Kappstein distanziert, genauer, ihre Studie als ihre Privatmeinung darstellt. Da möchte ich doch mal offen lassen, inwieweit dies die  abweichende Meinung des Klinikums ist (wer immer diese repräsentiert), die selbstverständlich öffentlich kommuniziert werden darf und soll,  und wie weit es sich um eine in Bayern empfehlenswerte „Anpassung“ handelt – ich erinnere an den wegen seiner Kritik an den Coronamaßnahmen versetzten Amtsarzt Dr. Pürner.

Ernster nehme ich die Kritik aus dem Jahr 2010 an Frau Kappstein, die für MRSA-PatientInnen (also solche, die sich mit dem Krankenhauskeim angesteckt haben „Standardhygiene statt Isolierung“ empfohlen hat.

 

Zurück zu dem Artikel von Lorenz Borsche. Er schreibt u. a.

Bei Metastudien gibt es andere Fussangeln, die häufigste ist wohl die, dass der Originalstudie mitnichten zu entnehmen ist, was der Autor der Metastudie da herausgelesen haben will. Und dafür liefert die Kappstein-Studie „Mund-Nasen-Schutz in der Öffentlichkeit: Keine Hinweise für eine Wirksamkeit“ ein schönes Beispiel. Kappstein schreibt:

Obwohl alle Probanden eine floride Virusinfektion der oberen Atemwege hatten[…] wurden jedoch ohne MNS nur […] bei 3 von 10 (Coronaviren) der genommenen Proben virushaltige Tröpfchen nachgewiesen, während virushaltige Aerosole unter denselben Bedingungen, d. h. ohne MNS, auch nur bei […] 4 von 10 (Coronaviren) der Proben nachgewiesen wurden.

Diese Angaben stimmen mit der von ihr zitierten Hongkong-Studie „Respiratory virus shedding in exhaled breath and efficacy of face masks“ (Verbereitung des Atemwegsvirus beim Ausatmen und Wirksamkeit von Gesichtsmasken) genau überein, Kappstein fährt fort:

Dass trotz akuter Virusinfektion der oberen Atemwege und ohne MNS nur so wenige Proben überhaupt einen Virusnachweis erbrachten, ist ein bemerkenswertes Ergebnis der Studie, weil es zeigt, dass – anders als man gemeinhin annimmt – eine Person mit akuter Virusinfektion der oberen Atemwege offenbar keine „Virenschleuder“ ist bzw. sein muss.

Die Ausscheidung virenhaltiger Tröpfchen und Aerosole bei 30 Prozent bzw. 40 Prozent der Probanden als „nur so wenige“ zu bewerten, darf bei einer hochinfektiösen Krankheit als unangemessene Verharmlosung gelten. Und dieses Teil-Ergebnis (fett markiert) unterschlägt Kappstein vollständig, obwohl es direkt im Anschluss steht:

We detected coronavirus in respiratory droplets and aerosols in 3 of 10 (30%) and 4 of 10 (40%) of the samples collected without face masks, respectively, but did not detect any virus in respiratory droplets or aerosols collected from participants wearing face masks.

Wir haben Coronaviren in Atemtröpfchen und Aerosolen in 3 von 10 (30%) bzw. 4 von 10 (40%) der ohne Gesichtsmaske entnommenen Proben nachgewiesen, jedoch keine Viren in Atemtröpfchen oder Aerosolen von Teilnehmern die Gesichtsmasken trugen

Dieses tatsächlich erstaunliche Ergebnis, das der o.a. Interpretation von Kappstein fast diametral widerspricht, wird von ihr aber wie folgt kommentiert:

Dass bei den Proben mit Maske bei denjenigen Probanden, die überhaupt Virus ausschieden, die Virusfreisetzung durch die Maske reduziert wurde, ist ein zu erwartendes Ergebnis.

Die Reduktion auf NULL hätte das Wort „verhindert“ notwendig gemacht. Zu erwarten war das keineswegs, es ist im Gegenteil überraschend. Korrekt, d.h. ohne Bias, hätte man formulieren müssen: ‚Dass bei den Proben mit Maske bei denjenigen Probanden, die Viren ausschieden, die Virusfreisetzung durch die Maske vollkommen verhindert wurde, ist ein überraschendes Ergebnis.‘“

Das scheint mir eine durchaus berechtigte Kritik an der Kappstein-Studie zu sein und eine solche „verkürzte“ Darstellung finde ich nicht korrekt.

 

Wenn ich einen Artikel gelesen habe, stöbere ich sehr gern in den dazu gemachten Kommentaren.

Da gibt es meistens manchen Unsinn, aber auch fundierte Stellungnahmen.

Eine möchte ich zitieren:

Gehen wir mal kurz weg von all den Statistiken

„Sehr beeindruckender Artikel.

Allerdings ist es ja nicht so, dass man die Wirkung eines Mund-Nasen-Schutzes bestreitet. Zumindest tue ich das nicht. Wenn ich mal operiert werde, hoffe ich, dass sich der Arzt an die Hygieneregeln hält und natürlich auch eine Maske trägt. Ich hoffe auch, dass er die vorgeschriebene Prozedur (nachzulesen u.a. beim RKI) minutiös einhält.

Und hier genau fängt das Problem an. Ja, sicher Masken schützen. Ein Biohazard-Suit würde in der Tat noch mehr gegen Infektion schützen. Ein luftdichter Raumanzug auch.

Nun ist aber die Frage, ob es möglich ist und vor allem praktikabel, eine sogenannte Alltagsmaske richtig handzuhaben. Ich zweifle, dass das die meisten Menschen können, Kinder sicherlich nicht. Damit verringert sich also schon mal die Schutzwirkung substantiell.

Nun haben Masken nicht nur Vorteile (Infektionsschutz), sondern auch Nachteile, zum Beispiel die Behinderung der Atmung und die Verkeimung vor allem bei nicht sachgerechter Handhabung.

Und nun wird ein Schuh draus. Es macht überhaupt keinen Sinn, die Wirkung oder nicht-Wirkung einer Maske unter Laborbedingungen zu testen. Das einzige was Sinn macht, ist die empirische Datenerhebung in der echten Welt. [Hervorhebung U.N.]

Nun haben wir ja das Feldexperiment schon gemacht, vor allem in Deutschland. Wir hatten den ganzen Sommer über Masken in Supermärkten und Schulen, dennoch steigt die Zahl der Infektionen. Das mag daran liegen, dass es ganz viele böse Querdenker gab, die gemäß der Maskenstoßlegende dem braven Volk in den Rücken gefallen ist.

Oder aber daran, dass es schlicht die meisten Menschen überfordert, die Masken richtig zu nutzen.“

Quasi als Bestätigung für die Schwierigkeiten mit dem Umgang mit der Maske schreibt ein anderer Forist

Habe mir gestern die Sitzung des Restbundestags angesehen

„…. Jeder Redner muß mit Maske zum Pult, das zuvor jeweils desinfiziert wurde. Der Umgang mit der Maske war zum Schreien komisch! Meist wurde diese gefaltet, sorgfältig mit der Hand glattgestrichen und dann in die Hosentasche oder ins Jackett gesteckt…“

 

Zur Erinnerung die Empfehlung des Bundesamtes für Arzneimittel und Medizinprodukte.

https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken.html

Personen, die eine entsprechende Maske tragen möchten, sollten daher unbedingt folgende Regeln berücksichtigen:

  • ….Die gängigen Hygienevorschriften, insbesondere die aktuellen Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI, www.rki.de) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA, www.infektionsschutz.de) sind weiterhin einzuhalten.
  • Auch mit Maske sollte der vom RKI empfohlene Sicherheitsabstand von mindestens 1.50 m zu anderen Menschen eingehalten werden.
  • Die Maske muss richtig über Mund, Nase und Wangen platziert sein und an den Rändern möglichst eng anliegen, um das Eindringen von Luft an den Seiten zu minimieren.
  • Bei der ersten Verwendung sollte getestet werden, ob die Maske genügend Luft durchlässt, um das normale Atmen möglichst wenig zu behindern.
  • Eine durchfeuchtete Maske sollte umgehend abgenommen und ggf. ausgetauscht werden.
  • Nach Absetzen der Maske sollten die Hände unter Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln gründlich gewaschen werden (mindestens 20-30 Sekunden mit Seife).
  • Die Maske sollte nach dem Abnehmen in einem Beutel o.ä. luftdicht verschlossen aufbewahrt oder sofort gewaschen werden. Die Aufbewahrung sollte nur über möglichst kurze Zeit erfolgen, um vor allem Schimmelbildung zu vermeiden.
  • • Masken sollten idealerweise bei 95 Grad, mindestens aber bei 60 Grad gewaschen und anschließend vollständig getrocknet werden. Beachten Sie eventuelle Herstellerangaben zur maximalen Zyklusanzahl, nach der die Festigkeit und Funktionalität noch gegeben ist. ….

Genau das Fehlen jeden Realitätsbezugs dieser Vorschriften (kann sich jede und jeder jedn Tag selbst überzeugen), prangert Frau Kappstein an. Dazu ist in dem Artikel von Borsche nichts zu lesen. Obwohl ich dieses Argument stärker fand als z.B. der Bezug auf die Hongkong-Studie. :

Unerfüllbare Forderungen

„Im Alltag ist das eine unlösbare Aufgabe, will man zig Millionen Bürger dazu bringen, diese notwendigen Vorsichtsmaßnahmen beim Gebrauch von Masken einzuhalten, wenn das schon beim medizinischen Personal nicht ganz einfach ist, wo aber mit dem Hygienefachpersonal (Hygienefachkräfte, Krankenhaushygieniker) immer Personen vor Ort an den richtigen Umgang erinnern können: Es ist wirklichkeitsfremd.“

 

Eine kleine Spitze zum Schluss kann ich mir nicht verkneifen:

Lorenz Borsche zitiert  (ohne Anführungszeichen, weshalb der Satz nicht als Zitat erkennbar ist) Paysan: „PCR-Tests sind Genetik, keine Psychologie. Ich habe kein Problem damit, dass ein Psychologe null Ahnung in Genetik hat. Er braucht das nicht. Er sollte sich dann aber auch nicht aus dem Fenster lehnen.“

Ein Forist hat sich die Mühe gemacht, nachzuschauen, welche Qualifikation der Autor des Artikels aufweist: Er wurde bei https://www.braumueller.at/AutorIn?id=331412  fündig:

Lorenz Borsche, 1954 in Heidelberg geboren, studierte Physik/Mathematik sowie Soziologie/ Politologie in Heidelberg, war 1977 Mitgründer des Instituts für Energie- und Umweltforschung, 1988/89 Assistent der GL bei ADI Software GmbH und danach als selbstständiger Systemberater tätig….

Das ist gewiss ehrenwert… nur: Auch er sollte sich vielleicht den Ratschlag zu eigen machen, sich nicht aus dem Fenster zu lehnen.

Fazit

Um nicht missverstanden zu werden: Ich meine gewiss nicht, dass Laien den Mund zu halten haben und demütig zuhören sollten, wenn die großen ExpertInnen ihre Weisheit ex cathedra verkünden. Wir sollten uns keiner Expertokratie unterwerfen. Sogenannte Laien können Fundiertes beitragen und manchmal haben sie weniger Tunnelblick als „Leute vom Fach“. Aber ein bisschen mehr Vorsicht im überheblichen Abkanzeln von anderen wäre angebracht.  

Jetzt bin ich mal gespannt, wie das Zerpflücken weitergeht! 

Kommentare

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