Pandemische Schamlosigkeit. Die Abgeordneten Sauter und Nüßlein – mehr als eine Maskenaffäre

1. § 108 e StGB: Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern

2017 trat der § 108 e StGB „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“ in Kraft. Ich habe heute das Gefühl, dass er vom Bundestag, unserem gesetzgebenden Organ, mit einem Augenzwinkern verabschiedet wurde. Denn – so der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages – ist Voraussetzung der Strafbarkeit ausdrücklich notwendig, dass – „Die vorzunehmende oder zu unterlassende Handlung […]‚bei der Wahrnehmung des Mandats‘“ erfolgt ist.

 

2. Das Maskengeschäft der Abgeordneten Nüßlein und Sauter: 1.2 Millionen Euro Provision pro Nase

Die Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter haben der Textilfirma Lomotex geholfen, in einem Maskengeschäft über insgesamt ca. 60 Millionen Euro die „Verträge zu vermitteln“ (Süddeutsche Zeitung vom 18.11.21: Nüßlein und Sauter bekommen Honorare aus Maskendeals zurück ) Für diese Tätigkeit erhielten sie (bzw. sollten sie erhalten, ein Teil war noch nicht ausgezahlt worden) 1,2 Millionen Euro. Pro Nase, wohlgemerkt. (Insgesamt sollte an diverse Leute 11 Millionen für das 60-Millionen-Euro-Geschäft Vermittlungshonorar gezahlt werden. Ich unterlasse es, hinter den letzten Satz ein Ausrufungszeichen zu setzen).

 

3. „Mutmaßliche Abgeordnetenbestechung“ – Die Generalstaatsanwalt ermittelt

Die Generalstaatsanwalt ermittelte wegen Bestechung gegen Sauter und Nüßlein, die Provision – soweit sie schon auf deren Konten gelandet war – , wurde eingezogen. Ein Prozess wegen „mutmaßlicher Abgeordnetenbestechung“ wurde vorbereitet.

 

4. Erfolgreiche Beschwerde der Herren Nüßlein und Sauter gegen den Einzug „ihres“ Geldes  

Die Herren Nüßlein und Sauter legten dagegen Beschwerde ein. Mit der Begründung: § 108 e träfe für sie nicht zu. Ihre Vermittlungstätigkeit sei nicht bei „Wahrnehmung des Mandats“ erfolgt. Am 18.11.entschied das Oberlandesgericht München zu ihren Gunsten: Kein Strafverfahren und die beiden Herren bekommen ‚ihr‘ Geld zurück.

Das liegt jetzt nicht daran, dass es sich um ein bayerisches Gericht handelt. Vielmehr muss sich ein Gericht an die Gesetze halten. Eben auch an § 108 e StGB. Es führte aus (laut Süddeutscher Zeitung) – „Nach dem ‚eindeutigen Willen‘ des Bundestags sei es kein Gesetzesverstoß, wenn ein Abgeordneter die ‚Autorität seines Mandats‘ und seine Kontakte nutze, um Entscheidungen außerhalb des Parlaments zu beeinflussen.“ Es heißt weiter: Das OLG rügt in seinen [Ausführungen] den Bundestag für dessen aus Sicht des Gerichts unzureichenden Schmiergeld-Paragrafen für Abgeordnete. Und es rügt Nüßlein und Sauter für deren Geschäfte, die den Demokratieverdruss fördern könnten.“

 

5. Schamgefühl – dagegen sind manche geimpft

Wie würde ich reagieren, wenn ich bei einem solchen „Geschäftchen“ wie die Herren Sauter und Nüßlein ertappt würde? Ich würde mich auf eine einsame Almhütte zurückziehen und mich in Grund und Boden schämen. Im Leben nie käme ich auf die Idee, vor Gericht zu ziehen. Sondern wäre froh, wenn so schnell als möglich Gras über die Sache wachsen würde.

Ich halte mich für eine recht durchschnittliche Bürgerin und bin recht sicher, dass es den meisten Menschen so ginge wie mir. Aber Leute wie Sauter und Nüßlein sehen offensichtlich anders: Entweder sie finden ihr Tun ganz o.k. oder es ist Ihnen wurscht, was die Leute denken könnten. Womöglich sagen sie auch: Es geht uns üüüüberhaupt nicht ums Geld, sondern wir wollen nur unsere Ehre wiederhergestellt sehen. Oder was weiß ich …

 

6.   Bayerische Corona-Verordnung wurde am 14.10. 2021 vom bayerischen Verwaltungsgericht für unwirksam erklärt. Vermutlich folgenlos.     

Am 14.10.21 wurde durch den bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Corona-Verordnung dieses Bundeslandes von 2020 für unwirksam erklärt.

Sie erinnern sich: das war die, nach der man in Bayern nicht allein auf einer Parkbank ein Buch lesen durfte, ohne sich strafbar zu machen. Strafbefehle in beträchtlicher Zahl und Höhe wurden erteilt, manche kamen (wenngleich nur kurz) ins Gefängnis.

Damals meinte ich:

„… gespannt sein darf man auch hinsichtlich des folgenden Problems […]: Das Gericht hat die Verordnung vom März 2020 für ‚unwirksam‘ erklärt. Kriegen jetzt die Leute, die eingebuchtet wurden bzw. einen Strafbefehl erhielten, eine Entschädigung bzw. ihr Geld zurück?  Mal ganz abgesehen von Schadensersatz für Gehaltsausfälle usw.“

Nachdem was ich gelesen habe: Die JuristInnen winkten ab: Keine Chance!

Meine Schlussfolgerung: Es lebe der kleine Unterschied!  

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