Nachlese zur Impfpflicht-Abstimmung am 7.4.2022 im Deutschen Bundestag

Niemand wird ernsthaft bestreiten, dass die Abstimmung im Bundestag zur Impfpflicht ziemlicher Murks war. Vom Ergebnis aber– diese Überzeugung bin ich – ist jedoch das Richtige rausgekommen: die die allgemeine Impfpflicht bekam ein Begräbnis dritter Klasse.

Gescheiter wäre gewesen, man hätte angesichts der Fakten die Größe besessen, das Ganze abzublasen. Denn in der Diskussion der letzten Monate ist man von anderen Voraussetzungen ausgegangen. Die Begründung damals fand ich auch nicht schlüssig, um diesen staatlichen Eingriff zu rechtfertigen. Aber jetzt kann man kaum mehr ernsthaft argumentieren, eine allgemeine Impfpflicht sei notwendig, um Menschen vor Erkrankung und das Gesundheitssystem vor Überlastung zu schützen.

 

Allgemeine Impfpflicht – das ist unverhältnismäßig!

Als einziges Pro-Argument bleibt, dass Geimpfte in der Regel weniger schwer erkranken. Aber zum einen sind die Zahlen dazu nicht völlig klar, und zum anderen – wenn es tatsächlich so ist – frage ich mich: wieso soll dies ausreichende Begründung für ein entsprechendes Gesetz sein, wenn man gleichzeitig noch nicht mal imstande ist, ein lebensrettendes Tempolimit auf Autobahnen einzuführen. Oder etwa den Bürgerinnen und Bürgern das Rauchen zu verbieten (jährliche Einnahmen aus der Tabaksteuer: über 14 Milliarden € ; 121.000 Tote pro Jahr durch das Rauchen.)

 

Karl Lauterbachs Reaktion: gekränkte Diva, ehrlich besorgt … oder hat er noch andere Gründe?

 Während der Kanzler einen Kranz auf das Grab der Impfpflicht legt, goscht Karl Lauterbach noch etwas hinterher („Goschen“ ist süddeutsch und meint hier ein lautes Hinterhermaulen) und erklärt uns: wir werden schon noch sehen was wir davon haben!

Er hätte auch gern eine vierte Corona-Impfung gehabt, aber die EU-Arzneimittelbehörde sieht das (laut Meldung vom 7.4.22) anders:

EMA: Vierte Corona-Impfung zur Zeit nicht nötig

„Die EU-Arzneimittelbehörde EMA hält derzeit eine vierte Corona-Impfung für alle Bürger nicht für notwendig. Für eine generelle Empfehlung sei es momentan zu früh, teilte die EMA in Amsterdam gemeinsam mit der EU-Gesundheitsbehörde ECDC mit.

Eine vierte Dosis könnte aber für Menschen ab 80 Jahren sinnvoll sein angesichts des höheren Risikos einer schweren Covid-Erkrankung in dieser Altersgruppe.

‚Für Erwachsene ab 60 Jahre mit einem normalen Immunsystem gibt es zur Zeit keine schlüssigen Beweise, dass der Impfschutz gegen eine schwere Erkrankung abnimmt und dass eine vierte Dosis einen Mehrwert hat‘, erklärten die Behörden. Es gebe aber auch keine Sicherheitsbedenken gegen eine zweite Auffrischungsimpfung.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich erst kürzlich in Brüssel für eine vierte Corona-Impfung für alle ab 60 Jahren eingesetzt.[…]“

Vielleicht dachte er dabei sorgenvoll daran, was aus den Millionen Impfdosen werden soll, die bis zum Sommer verfallen: Bis zum September sollen es 60 Millionen sein. Und nach seitherigen Erfahrung lässt man in Deutschland lieber Impfstoff verfallen als dass man sie zeitnah in bedürftige Länder schickt.

Das Handelsblatt schreibt am 30.3.:

Milliardenschaden für Lauterbach? Millionen Impfdosen drohen zu verfallen

 „In Deutschland müssen bis zum Ende des Sommers zig Millionen Corona-Impfungen verabreicht werden, um diese vor dem Verfall zu schützen. Das geht aus Antworten des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) auf schriftliche Fragen von Sepp Müller (CDU) hervor, die Tagesspiegel Background vorliegen. Der Unions-Fraktionsvize ist im Bundestag für Gesundheit zuständig.

Die Antworten zeigen zudem, dass der Bund keine Übersicht darüber hat, wie viele der über den Großhandel an niedergelassene Ärzte ausgelieferten Impfdosen mittlerweile vernichtet werden mussten. Seit Amtsantritt des neuen Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) veröffentlicht das Ministerium keine Zahlen mehr zu aktuell vorrätigen und perspektivisch gelieferten Impfstoffdosen.“

 

Ergänzung: im August 2021 lag der Preis für eine Impfdosis Biontech bei 19,50 €. Es tut weh, sich die Zahlen vorzustellen: 40-60.000.000 × 19,50 € in die Tonne getreten!

 

Ein Rückblick: die Schweinegrippe 2009ff.

Auch wenn ich Covid 19 nicht mit der Schweinegrippe gleichsetze – Covid 19 ist wirklich eine Pandemie – so regt sich in mir doch die Erinnerung an den damaligen Skandal, der in erster Linie ein Pharmaskandal war, sondern ich frage auch misstrauisch: könnte es hier nicht wenigstens zum Teil nach ähnlichem Muster laufen?

Vor 10 Jahren, am 7.Februar 2012 konnte man in der ZEIT lesen

Schweinerei mit der Grippe

 […] Gesundheitsgefahr durch gefälschte Pandemien – unter diesem Motto beschäftigt sich der Europarat im Januar mit dem Einfluss der Pharmaindustrie auf die weltweiten Kampagnen gegen die Vogel- und Schweinegrippe. […] Initiiert wurde beides von dem ehemaligen deutschen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg (SPD), […] Wodarg ist Arzt und Epidemiologe, er hält den Umgang mit der Schweinegrippe für „einen der größten Medizinskandale des Jahrhunderts“.

In seinem vom Ausschuss einstimmig beschlossenen Antrag kritisiert er die Beeinflussung von Wissenschaftlern und Behörden durch geschäftstüchtige Pharmaunternehmer. Dies habe dazu geführt, dass „unnötigerweise Millionen gesunder Menschen dem Risiko mangelhaft getesteter Impfstoffe ausgesetzt“ worden seien – bei einer Infektionskrankheit, die „erheblich harmloser“ sei als alle Grippewellen der Vorjahre und „nicht einmal ein Zehntel der hierbei üblichen Todesfälle“ verursacht habe.

Schlimmer noch als die Tatsache, dass die Impfstoffhersteller mit ihrer Panikmache auf Kosten der Steuerzahler so prächtig verdient hätten, findet Wodarg, „dass man dafür auch Körperverletzung in Kauf genommen hat“. Die in den Impfstoffen steckenden Wirkungsverstärker seien kaum erprobt worden, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. Und auftretende Nebenwirkungen bis hin zu gefährlichen Nervenlähmungen würden nach wie vor nur lückenhaft registriert.“

Vgl. auch  Experten: Schweinegrippe wurde unnötig zur Pandemie erklärt“ vom 26.1.2010 im Tagesspiegel

 Nun, Wodarg ist megaout, und ich weiß nicht, inwieweit das auf sein Konto geht oder er diskreditiert wurde oder beides. Was aber bleibt: wir sind nicht umgeben von Gutmenschen und ein gewisses Maß von „heiterem Argwohn“ ist vernünftig.

 

Boostern – wie oft noch?

Wie will man eine allgemeine Impfpflicht begründen, wenn jedes halbe Jahr eine Auffrischungsimpfung erforderlich ist – und das mit zweifelhafter Wirksamkeit!?

Die zweifelhafte Wirksamkeit leite ich nicht aus der Meldung vom 5.4. 22 ab, nach der sich ein älterer Herr aus Sachsen 87mal ohne irgendwelche gesundheitlichen Auswirkungen hat impfen lassen und damit nicht nur jenen Inder um ein Vielfaches überrundet hat, der sich 11mal impfen ließ, sondern wohl durch den Verkauf von Impfbescheinigungen ein hübsches Sümmchen verdient hat. Bei denen, die diese Meldung lasen, keimten mit einiger Berechtigung  Zweifel auf, ob sich der Impf-Wirkstoff wirklich von Kochsalzlösung unterscheidet.

Aber das meine ich nicht mit „zweifelhafter Wirksamkeit“, vielmehr:

Am 6. April titelte die Tagesschau:

Studie: Schutz von zweitem Booster lässt schnell nach

„[…] Der Schutz durch die zweite Auffrischungsimpfung ließ demnach bereits nach vier Wochen nach, wie Forschende aus Israel im „New England Journal of Medicine“ schrieben. Der Schutz vor schweren Erkrankungen ließ indes in den sechs Wochen nach der Impfung nicht nach.

Die Studie an 1,3 Millionen Menschen im Alter von über 60 Jahren untersuchte Daten des israelischen Gesundheitsministeriums zwischen dem 10. Januar und dem 2. März.“

Und die Tagesschau zitiert unkommentiert eine weitere Studie aus Israel über die angeblich um 78 % niedrigere Sterblichkeitsrate durch die zweite Auffrischungsimpfung. Ich hatte darüber berichtet und diese Zahl als Beispiel für „Lügen mit Statistik“ angeführt: sieht man sich nämlich die absoluten Zahlen an, so verflüchtigt sich der imposante Eindruck, den man bei 78 % haben soll, haben muss. Ich finde es wirklich ärgerlich, wie gedankenlos Berichte übernommen werden, Hauptsache sie enthalten tolle Zahlen!

 

Impfpflichtargument: Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems

Überschrift im Spiegel: Corona: 60 Prozent der Kliniken müssen laut Ärzteverband Operationen verschieben

das klingt schon nach Überlastung des Gesundheitssystems. Aber wenn man den Artikel liest, wird deutlich, dass es nicht um die Covid-Patientenzahlen geht, sondern um die Personalausfälle. Tatsächlich fallen im Moment an manchen Krankenhäusern bis zu 20 % der Belegschaft aus, sei es weil sie selbst erkrankt sind, sei es weil sie wegen erkrankter Familienangehöriger in Quarantäne müssen. Da nun aber die Impfquote im Gesundheitsbereich deutlich höher liegt als beim Durchschnitt der Bevölkerung, nämlich bei etwa 90 %, lässt sich wirklich nicht mehr damit argumentieren, impfen schütze vor Überlastung des Gesundheitssystems.

Das sieht Peter Galle, Direktor der ersten medizinischen Klinik und Poliklinik in Mainz inzwischen auch so

In dem Artikel vom 23.3.22 

„‚Die höchste Inzidenz, die wir je hatten‘ Coronawelle erfasst Klinikangestellte“

sagt er:»Wir kommen jetzt in eine ähnliche Situation, wie sie in Großbritannien im Januar beobachtet wurde, wo es weniger die Last der Kranken auf den Stationen war, die das Gesundheitssystem an den Rand brachte, sondern eher der Ausfall des Personals.« Das werde sich in den nächsten zwei, drei Jahren auch wohl nicht ändern. Klar sei: »Wir haben mit der Wandlung von Alpha zu Omikron und durch die Impfungen eine geringere Krankenlast. Und wir werden, das muss man auch sehen, durch keine regulierende Maßnahme mehr erreichen als das, was wir jetzt erreicht haben.« Auch nicht durch eine generelle Impfpflicht? »Nein«, sagt Galle. »In Würdigung der Schutznotwendigkeit unserer vulnerablen Menschen und Patientengruppen hätte ich mich vor einem Jahr sehr heftig für eine Impfpflicht eingesetzt. Ich war auch derjenige, der die Umsetzung der Impfung am Klinikum geleitet hat. Aber die Situation hat sich gravierend verändert. Die Aussage ›Du kannst nur durch eine Impfung deine Umgebung schützen‹ können wir nicht aufrechterhalten. Wir sehen, dass inzwischen nahezu alle unsere Patienten, die wir aufgenommen haben, mehrfach geimpft sind. Ich würde weiterhin jedem zur Impfung raten. Aber es ist schwerer geworden, eine generelle Impfpflicht zu fordern.«

 

Das Corona-Sterbealter

Der IGES Pandemie Monitor stellt am 6.4.2022 fest:

Die ca. 230 Menschen, die derzeit pro Tag an Covid19 versterben, sind durchschnittlich (Hervorhebung durch U. N.) 80,8 Jahre alt

  • Sie sind damit älter als der Durchschnitt der im Jahr 2019 – also vor der Pandemie – insgesamt Verstorbenen, die durchschnittlich nur 79,0 Jahre alt wurden. Dagegen waren die im April 2021 an Covid19 Verstorbenen mit 75,3 Jahren deutlich jünger.
  • Der Anteil derjenigen, die unter 60 Jahren an Covid19 versterben, beträgt aktuell nur 4,0 Prozent, während 2019 der Anteil der unter 60-Jährigen Verstorbenen an allen Sterbefällen mit 9,3 Prozent mehr als doppelt so hoch war.
  • Diese Befunde erklären sich daraus, dass der Impfschutz Anfang 2021 zunächst bei den Hochaltrigen aufgebaut worden ist, sodass das mittlere Sterbealter im April 2021 deutlich abgesunken ist.
  • Jüngere Menschen (bis zu 60 Jahre alt) sind aktuell kaum noch von Covid19-Todesfällen betroffen.
  • Mittlerweile ist der Impfschutz in der deutschen Bevölkerung in allen Altersgruppen weit verbreitet, sodass das mittlere Sterbealter – insbesondere unter der erheblich weniger aggressiven Omikron-Variante wieder deutlich ansteigen konnte.
  • Aus Sicht der deutschen Bevölkerung betrifft Covid19 momentan in besonders hohem Ausmaß die Alten.
  • Derzeit kostet Covid19 der deutschen Bevölkerung statistisch betrachtet keine Lebenszeit.
  • Daher ist das aktuelle Sterbegeschehen unter der Omikron-Variante kein Gesundheitsproblem, das vordringlich bekämpft werden muss.“

Ja, jeder Tod ist traurig. Aber es grenzt inzwischen an ein Skandal, wenn die Zahl der Menschen, die an Corona sterben, völlig anders bewertet werden, als die um ein Vielfaches größere Zahl anderer Toten. Der dümmliche Vergleich mit dem täglichen Flugzeugabsturz, den wohl Ministerpräsidenten Söder erstmals in die Welt setzte,  und der von einem Kommentator der Süddeutschen Zeitung nachgeplappert wurde, erfuhr bei den Lesern deutlichen Widerspruch (http://sz.de/1.5563349 vom 9.4.22):

Wieder der unsäglich dramatische Flugzeugabsturz mit Corona-Patienten. Nach der deutschen Sterbestatistik stürzen täglich zehn Flugzeuge ab. Warum lese ich keinen Absturzbericht über Herzpatienten, Lungenpatientinnen, Kinderkrebspatienten und vielen weiteren Absturzursachen? Aus presserechtlichen Gründen schreiben Sie auch nichts über das Alter der abgestürzten Passagiere, ihren Impfstatus, ihre Zusatzerkrankungen. Die Einseitigkeit ihrer Berichterstattung ist unverständlich. Sie gehört eher ins Repertoire der Ministerpräsidenten zu Wahlzeiten.“

 „Es wird offensichtlicher, wie sehr unsere Gesellschaft auseinanderdriftet. Die geboosterte Mitte, die etwas mehr Normalität herbeisehnt, wird zwischen Pandemieleugnern und Impfverweigerern einerseits und jenen, die der fünften Impfung entgegenfiebern und am liebsten zwei Masken tragen würden andererseits, aufgerieben. Leider trägt die SZ dazu bei, diese unheilvolle Spaltung zu vertiefen. Deutlich macht dies der bewusst Angst schürende Satz: „Man stelle sich vor, in Deutschland würde jeden Tag ein Verkehrsflugzeug mit 200 bis 300 Passagieren an Bord abstürzen“, mit dem Peter Fahrenholz seinen Kommentar beginnt. Da der Kommentator sicher weiß, dass schon vor Corona täglich zehn Flugzeuge in Deutschland abgestürzt sind, handelt es sich dabei um billigste Stimmungsmache.“

 

 

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