Das Asian Disease Problem: Tun wir was für unsere Bildung und kommen wir (nicht nur) uns auf die Schliche!

Ehre wem Ehre gebührt: Es war mein Sohn, der mir das Material zu dieser Untersuchung geliefert hat! Danke!

Das „Asian Disease Problem“ hat jetzt keineswegs nur mit Corona zu tun, wie man meinen könnte. Vielmehr ist die Fragestellung erstens schon vierzig Jahre alt und es geht grundsätzlich darum, dass wir in unseren Entscheidungen beeinflussbar sind, je nachdem wie uns Entscheidungs-Optionen „verkauft“ werden. Aber ich denke, die Untersuchung passt sehr gut in unsere heutige Situation. 

Einer experimentellen Studie von 1981 (A. Tversky und D. Kahneman, The Framing of Decisions and the Psychology of Choice, in Science 211 (1981), S. 453-458) hatte folgendes Design zugrunde: „Die Teilnehmer mussten in einer fiktiven Situation nach Ausbruch einer Seuche zwischen zwei Anti-Seuchen-Programmen auswählen. Dabei wurde die Beschreibung der Programme systematisch so verändert, dass in einer Beschreibung nur von ‚geretteten Personen‘, in einer zweiten Beschreibung hingegen nur von ‚Todesopfern‘ gesprochen wurde. Die tatsächlichen Zahlen veränderten sich mit den Beschreibungen hingegen nicht, sodass die Wahlsituationen abgesehen vom ‚Frame‘ d.h. der Beschreibung der Ergebnisse als Gerettete bzw. Todesopfer identisch waren.“ (Warum es in dem Artikel „desease“ und nicht disease heißt, konnte ich nicht klären.)

Framing – also einen Rahmen geben –  beeinflusst unsere Entscheidung. Ist zwar wohl ein bisschen komplexer als in dem Video der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg zum „Asian Disease Problem“dargestellt. Ich empfehle aber auf alle Fälle, es sich anzuschauen. Denn es macht skeptischer gegenüber dem, was uns angeboten wird und skeptischer gegenüber unseren ach so rationalen Entscheidungen.

Das Video stammt übrigens vom November 2019, ist also fast prophetisch zu nennen, denn der erste Fall von Corona in Deutschland wurde erst im Januar 2020 festgestellt.   

 

Wer eine journalistische Darstellung kritisch kommentiert, wird als weniger glaubwürdig bewertet

Und als Fußnote noch ein Beitrag, der in anderer Weise mit „Framing“ zu tun hat: Wenn man zu einem Artikel in einer Online-Diskussion eine kritische Meinung abgibt, wird dies strenger bewertet als eine Zustimmung: „Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass Nutzerkommentare, die alternative Meinungen vertraten, in Online-Diskussionen bezüglich ihrer wahrgenommenen Glaubwürdigkeit und Argumentationsqualität tatsächlich schlechter abschnitten.“  So das Ergebnis einer Studie: „Leserkommentare, die der journalistischen Darstellung widersprechen, werden kritischer gesehen“. Wir sollten auf unsere Tendenz zur Autoritätshörigkeit achten!

Der Befund passt leider auch zu einer anderen Studie (habe ich blöderweise nicht gespeichert und kann sie gerade nichte finden), nach der jemandem eher Glauben geschenkt wird, wenn er seine Meinung energisch, ohne Zweifel und eindimensional vorträgt. Wohingegen Leute, die abwägend formulieren, durchblicken lassen, dass sie nicht glauben, dass sie die absolute Wahrheit verkünden, mit einem Misstrauensbonus abgestraft werden. Ganz im Gegensatz zu dem beherzigenswerten Grundsatz: „Zweifle an denen, die nie an sich selbst zweifeln“.  

 

Ein klassisches Beispiel zur Anleitung von „Framing“ aus dem Bundesinnenministerium vom März 2020

Manche sachen glaubt man eigentlich nicht, will sie nicht glauben, weil es zu unwahrscheinlich ist.

Aber es ist wahr. Im März 2020 ist es mir entgangen, jetzt habe ich die „Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch“ eher zufällig in dem Buch von Claudio Wasmer, An der Virenfront nichts Neues. Im Niemandsland zwischen Coronaleugnern und Wahrheitsministern“ von 2021 gefunden, nochmal gründlich nachgeprüft. War auf S. 246-248 korrekt zitiert. Zu veerdanken ist die Veröffentlichung (irgendwann zog Seehofers Innenministereium auch nach) „FragDenStaat“. Vielen Dank!     

 

VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH 

„Wie wir COVID-19 unter Kontrolle bekommen

[…]

Schlussfolgerungen für Maßnahmen und offene Kommunikation

4 a. Worst case verdeutlichen!
Wir müssen wegkommen von einer Kommunikation, die auf die Fallsterblichkeitsrate zentriert ist. Bei
einer prozentual unerheblich klingenden Fallsterblichkeitsrate, die vor allem die Älteren betrifft, denken sich viele dann unbewusst und uneingestanden: «Naja, so werden wir die Alten los, die unsere Wirtschaft nach unten ziehen, wir sind sowieso schon zu viele auf der Erde, und mit ein bisschen Glück erbe ich so schon ein bisschen früher». Diese Mechanismen haben in der Vergangenheit sicher zur Verharmlosung der Epidemie beigetragen.
Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden:
1) Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst. Die Situation, in der man nichts tun kann, um in Lebensgefahr schwebenden Angehörigen zu helfen, ebenfalls. Die Bilder aus Italien sind verstörend.
2) „Kinder werden kaum unter der Epidemie leiden“: Falsch. Kinder werden sich leicht anstecken, selbst bei Ausgangsbeschränkungen, z.B. bei den Nachbarskindern. Wenn sie dann ihre Eltern anstecken, und einer davon qualvoll zu Hause stirbt und sie das Gefühl haben, Schuld daran zu sein, weil sie z.B. vergessen haben, sich nach dem Spielen die Hände zu waschen, ist es das Schrecklichste, was ein Kind je erleben kann.
3) Folgeschäden: Auch wenn wir bisher nur Berichte über einzelne Fälle haben, zeichnen sie doch ein alarmierendes Bild. Selbst anscheinend Geheilte nach einem milden Verlauf können anscheinend jederzeit Rückfälle erleben, die dann ganz plötzlich tödlich enden, durch Herzinfarkt oder Lungenversagen, weil das Virus unbemerkt den Weg in die Lunge oder das Herz gefunden hat. Dies mögen Einzelfälle sein, werden aber ständig wie ein Damoklesschwert über denjenigen schweben, die einmal infiziert waren. Eine viel häufigere Folge ist monate- und wahrscheinlich jahrelang anhaltende Müdigkeit und reduzierte Lungenkapazität, wie dies schon oft von SARS-Überlebenden berichtet wurde und auch jetzt bei COVID-19 der Fall ist, obwohl die Dauer natürlich noch nicht abgeschätzt werden kann.

 

Ausserdem sollte auch historisch argumentiert werden, nach der mathematischen Formel: 

2019 = 1919 + 1929

Man braucht sich nur die oben dargestellten Zahlen zu veranschaulichen bezüglich der anzunehmen den Sterblichkeitsrate (mehr als 1% bei optimaler Gesundheitsversorgung, also weit über 3% durch Überlastung bei Durchseuchung), im Vergleich zu 2% bei der Spanischen Grippe, und bezüglich der zu erwartenden Wirtschaftskrise bei Scheitern der Eindämmung, dann wird diese Formel jedem einleuchten.“

 

Vgl. auch z.B.  die Taz vom 28.3.20 

 

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