Afghanische Kulturschaffende sind im Fokus der Taliban und extrem gefährdet. Sie müssen schnell und unkompliziert an humanitäre Visa gelangen. Regierungen müssen JETZT reagieren und Künstler:Innen schützen.
Warum ist das wichtig?
VISA FÜR KÜNSTLER:INNEN AUS AFGHANISTAN – JETZT!
#visa4AfghanArtists
Die chaotische Evakuierungsmission in Afghanistan steht im Fokus medialer und politischer Debatten. Primär wird der Umgang mit Ortskräften des Militärs verhandelt. Fast gänzlich ungesehen bleibt die prekäre und lebensgefährliche Situation der zahlreichen Künstler*innen und Kulturschaffenden.
Diese haben sich in den vergangenen Jahren auf besondere Weise exponiert. Trotz großer Gefahr standen sie für Frauenrechte und ein friedliches Miteinander ein und positionierten sich offen gegen die Taliban. Es gab unzählige Kooperationen mit europäischen Kulturinstitutionen. All das macht Künstler*innen zu erklärten Feinden der neuen Machthaber in Kabul und Afghanistan und führt zu einer besonderen Gefährdungslage, auch für die Angehörigen, an denen Rache verübt werden kann. Noch wird zu wenig darüber berichtet, und die Forderungen, Künstler*innen und Kulturschaffende bei Evakuierungen mit zu priorisieren, sind zu zögerlich. Derzeit sitzen noch viele afghanische Kulturschaffende im Land fest. Sie sind untergetaucht und verstecken sich bei Freunden, da die Taliban systematisch ihre Wohnungen durchkämmen. Schon jetzt wurden Künstler*innen gezielt hingerichtet, wie der Comedian Nazar Mohammed oder der Volkssänger Fawad Andarabi. Über 100 Medienhäuser sind geschlossen worden, Musik verboten, die Taliban haben Graffitis zerstört und bei Bildern, auf denen Frauen zu sehen sind, die Gesichter übermalt. Auch ließen sie verlauten, dass es nötig werden könnte, sich als Künstler*innen einen neuen Beruf zu suchen. Man würde die Möglichkeit in Erwägung ziehen, Kunst weiterhin zu dulden, jedoch nur, wenn sie den Gesetzen der Scharia entspräche. Es braucht nicht viel Phantasie sich vorzustellen, was das heisst: es ist das Ende einer freien Kunst in Afghanistan. Solange dies die Situation ist, müssen wir unseren Kolleg*innen helfen, wenigsten im Exil eine Stimme zu behalten, damit die afghanische Kulturlandschaft nicht für immer zum Schweigen gebracht wird. Denn bereits jetzt beginnen afghanische Künstler*innen aus Angst vor den Taliban ihre Kunst selbst zu zerstören.
Wann und ob Flüge wieder ermöglicht werden und welche Grenzen sich öffnen, bleibt abzuwarten. Auch ist die Strategie der Taliban unklar. Aber die deutsche und die europäische Kulturlandschaft müssen sich JETZT dafür stark machen, dass ihre Kolleg*innen aus Afghanistan in Sicherheit gebracht werden, denn SCHON MORGEN kann es zu spät sein! Wir müssen Wege suchen, wie wir afghanische Künstler*innen und Kulturschaffende im Exil aufnehmen, vernetzen und unterstützen können. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Politik deren Schutz und Ausreise prioritär verfolgt! Darum fordern wir vom Auswärtigen Amt, dass die Listen für gefährdete Personen geöffnet bleiben, und dass transparent gemacht wird, wie mit den Listen – und damit mit den Menschen, die darauf stehen – umgegangen wird. Wir fordern grenzüberschreitende Absprachen und grenzüberschreitendes Handeln. Wir fordern, dass Künstler*innen die höchste Gefährdungsstufe zuerkannt wird, und dass man ihnen ohne bürokratische Hindernisse hilft, sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Wir fordern, dass Deutschland, Österreich und die Schweiz ein Mindestkontingent für Resettlement zusagt! Austausch- und Stipendienprogramme für besonders gefährdete Kulturschaffende müssen jetzt und in Zukunft nachhaltig erweitert werden. Und auch der deutschsprachige Kulturbetrieb muss seine Türen für afghanische Kolleg*innen öffnen.
Wenn wir jetzt nicht handeln, ist das ein Zeichen für alle Kulturschaffenden, dass man sich in Krisenzeiten nicht auf die internationale Solidarität verlassen kann. Umso wichtiger sind jetzt die richtigen Signale. Das Mindeste ist, dass wir unsere Solidarität zeigen und nicht zulassen, dass eine gesamte Kulturszene leise verschwindet.
Ibrahim Hotak
Hannah Neumann (Universität Siegen)
Julie Paucker (KULA Compagnie)
Niklas Schenck, Filmemacher (True Warriors / Wir sind jetzt hier)
Robert Schuster (KULA Compagnie)
Ronja von Wurmb-Seibel, Filmemacherin (True Warriors / Wir sind jetzt hier)
Mercedes Lauenstein, Autorin (Blanca / Nachts)
Leena Alam, Schauspielerin
Kübra Gümüşay, Autorin (Sprache und Sein)
Franziska Grillmeier, Journalistin
Alexandria Bombach, Filmemacherin (Frame by Frame / on her shoulders)
Jana Pallaske, Schauspielerin (Fack ju Göthe)
Mariko Minoguchi, Filmregisseurin (Tides / Mein Ende. Dein Anfang)
Julia Riedler, Schauspielerin Theater & Film
Hassan Fazili, Filmregisseur (Midnight Traveler)
Fatima Hussaini, Filmregisseurin (Midnight Traveler)
Claudia Bossard, Regisseurin
Azim Fakhri, Graffiti-Künstler
Hassan Nazeri, Wala Internationales Filmfestival
Fabian Saul, Chefredakteur Flaneur & Autor (Boulevard Ring)
Homan Wesa, Regisseur Theater (Ernst Busch)
Basir Hamidy, Kulturevents Orange Media
Lisa Lucassen, Theaterkünstlerin
Julia Drache, oscarnominierte Drehbuchautorin
Nasir Formuli, Chef der Theatergruppe AZDAR
Constanze Schellow, Tanzwissenschaftlerin & Dramaturgin (Hochschule für Musik und Tanz Köln)
Bode Brodmüller, Regisseur Film
Nima Latifi, Filmemacher
Leyla Mousa, Visual Artist (HfbK Hamburg)
Brigitte Hobmeier, Schauspielerin Theater & Film
Jens Oellermann, Fotograf
Maja Beckmann, Schauspielerin Theater (Schauspielhaus Zürich) & Film (Tatort / Stromberg)
Anna Gschnitzer, Autorin (Einfache Leute)
Claudio Ricci, Redakteur (Der Greif)
Andrew Bird, Filmeditor (Fatih Akin)
Lukas Augustin, Regisseur (Unforgiven / Touch Down in Flight)
#visa4AfghanArtists