18. Juli 2021: Einige Links mit und ohne Corona

Diese Woche war viel los, deswegen habe ich nicht so viel Zeit, dass ich die folgenden Links schön aufbereiten kann. Aber ich will sie trotzdem möglichst zeitnah hier „unter die Leute bringen“.  Ich bitte um Verständnis.

 

Medikamente: Tausende Studien nicht veröffentlicht

Stand: 04.07.2021 18:00 Uhr

Wissenschaftler der Universität Oxford haben ermittelt, dass die Ergebnisse von knapp 6000 medizinischen Studien in der EU nicht veröffentlicht sind. Dies schade Patienten massiv, kritisieren Experten.

Von Markus Grill, NDR/WDR

… Studien müssen veröffentlicht werden

Das Nicht-Veröffentlichen von Studienergebnissen ist seit Jahren ein ärgerliches Thema für viele Mediziner. Dabei sind die Regeln klar: Jede Pharmafirma und jede Universität, die Medikamente an Menschen testet, muss die Studie in der öffentlichen Datendank EudraCT registrieren und die Ergebnissen binnen eines Jahres nach Abschluss der Studie auch veröffentlichen.

Doch in vielen europäischen Ländern scheinen die Aufsichtsbehörden nicht besonders auf die Einhaltung dieser Regeln zu pochen – auch in Deutschland nicht. Das ist das Ergebnis einer bisher unveröffentlichten Auswertung von Wissenschaftlern der Universität Oxford und der Nichtregierungsorganisation TranspariMed, die schon früher immer wieder Berichte zu diesem Thema veröffentlicht hat.

 

Bremer Schulsenatorin über Bildungspolitik in der Pandemie: »Ich habe so viel Wut im Bauch«

Claudia Bogedan hielt in der Pandemie die Schulen offen – und wurde dafür massiv angefeindet. Hier erklärt sie, warum sie jetzt aufgibt und welche Fehler sie ihren Mitstreitern vorwirft.

… Bogedan: Besonders im Sprachvermögen gibt es verheerende Rückstände. Viele Kinder aus Zuwandererfamilien haben über Monate hinweg viel zu wenig Deutsch gesprochen. Die typischen Nebenbeigespräche fehlen, auf dem Schulhof, in den Pausen, beim Sport. Meine Nachfolgerin wird sehr viel Aufbauarbeit leisten müssen. Das wird ein enormer Kraftakt.

SPIEGEL: Und Ihnen fehlt die Energie dafür?

Bogedan: Die Pandemie hat extrem viel Kraft gekostet – mehr als jede andere Herausforderung in meiner Amtszeit, die Integration von Tausenden geflüchteten Kindern eingerechnet. Ich musste häufig eine Politik machen, die mir nicht entspricht und hinter der ich nicht stehe. Das kann und will ich auf Dauer nicht.

….

Bogedan: Ich habe vor wenigen Tagen erst mit einer Schulsozialarbeiterin gesprochen, die mir aus ihrem Alltag im Lockdown erzählt hat. Kinder kamen mit blauen Flecken, die ziemlich sicher nicht vom Spielen stammten. Eltern stiegen manchmal tagelang nicht wirklich aus dem Bett, sodass die Kinder selbst zusehen mussten, wie sie etwas zu essen bekamen. Wenn diese Kinder nicht in die Schule gehen, bekommt das niemand mit. Deshalb hätte auch Halbgruppenunterricht nicht gereicht, über den in Bremen ja viel diskutiert wurde.

 

Gutenberg Covid-19 Studie

„In der Gutenberg COVID-19 Studie werden nicht nur die direkten Auswirkungen einer möglichen SARS-CoV-2-Infektion und COVID-19-Erkrankung untersucht, sondern darüber hinaus umfassend die Auswirkungen der Pandemie und der Maßnahmen zu deren Bekämpfung auf die Gesundheit der Bevölkerung….“

 

 

Ärmere Kinder haben deutlich höheres Corona-Risiko

….Je schwieriger der wirtschaftliche Hintergrund von Kindern in Kitas ist, desto größer ist auch das Risiko einer Coronainfektion in der Einrichtung. Erzieherinnen und Erzieher in Kitas mit 60 Prozent und mehr an sozioökonomisch benachteiligten Kindern haben ein doppelt so hohes Ansteckungsrisiko wie in Einrichtungen mit einem niedrigeren Anteil von bis zu zehn Prozent ärmeren Kindern…..“

 

 

Intensiv: Der Bundesrechnungshof rechnet nach

Kurze Stellungnahme (11.06.2021) der Autorengruppen Thesenpapiere zum Bericht des Bundesrechnungshofes vom 09.06.2021 zur intensivmedizinischen Versorgung von CoViD-19-Patienten (Download, Download BRH-Bericht)

…..

(2) Am 09.06.2021 hat der Bundesrechnungshof in einem 42seitigen Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages unter dem Titel „Bericht nach §88 Absatz 2 BHO über die Prüfung ausgewählter coronabedingter Ausgabepositionen des Einzelplans 15 und des Gesundheitsfonds (Abgabe von Schutzmasken an vulnerable Personengruppen, Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser und Aufbau von Intensivbettenkapazitäten)“ eine umfassende Kritik zur Ausgabenpolitik der Bundesregierung veröffentlicht, in dem die Kritik der Autorengruppe in weiten Teilen aufgegriffen und bestätigt wird.

…..Ausgleichszahlungen an Krankenhäuser (Kap. 2)

(3) Der Bundesrechnungshof stellt zunächst die Situation im Jahr 2020 dar:

  • „Die Auslastung von Krankenhausbetten insgesamt sank von 75,1 % im Jahr 2019 auf 67,3% im Jahr 2020, die der Intensivstationen von 69,6% auf 68,6%“ (S. 31/2);
  • „Die geringere Bettenauslastung sei auf eine geringere Zahl an Behandlungsfällen zurückzuführen. Im Jahr 2020 seien in Krankenhäusern die Behandlungsfälle im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Mio. Fälle zurückgegangen. Nur ein Bruchteil des Rückgangs sei auf planbare Operationen zurückzuführen. Deutlich werde der Rückgang bei „ambulant sensitiven“ Fällen“ (S. 27);
  • „Die gesetzlichen Krankenkassen zahlten im Jahr 2020 an die Krankenhäuser insgesamt 81,5 Mrd. Euro für die Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten. Im Jahr 2019 hatten sie dafür insgesamt 80,2 Mrd. Euro bezahlt“ (S. 26); „hinzu kamen 10,2 Mrd. Euro an Ausgleichszahlungen des Bundes als Ausgleich für den Bettenleerstand“ (S. 32).

(4) In der Bewertung hält der Bundesrechnungshof fest,

  • „… dass der Bund damit nicht überwiegend Zahlungen zur Aufrechterhaltung freier Krankenhauskapazitäten für COVID‐19‐Patientinnen und ‐Patienten geleistet hat. Er hat vielmehr das betriebswirtschaftliche Risiko einer nicht ausreichenden Belegung der Krankenhäuser mitgetragen“ (S. 32);
  • „Für den Bundesrechnungshof stellen daher die Ausgleichszahlungen eine massive Überkompensation für Krankenhäuser im Jahr 2020 aus Steuermitteln dar“ (S. 32);
  • „Der Bundesrechnungshof hat beanstandet, dass das derzeitige System der Ausgleichszahlungen unerwünschte Mitnahmeeffekte ermöglicht. Die Analysen des RKI haben gezeigt, dass Datenmeldungen möglicherweise dazu genutzt wurden, schneller die Schwelle zu erreichen, ab der Ansprüche auf Ausgleichszahlungen für nicht belegte Betten entstanden“ (S. 33).

…..

Aufbau von Intensivbetten

(9) Auch hier stellt der Bundesrechnungshof zunächst die Situation dar:

  • „Für den Aufbau neuer Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit zahlte das BAS über den Gesundheitsfonds von Mitte März 2020 bis Anfang März 2021 rund 686,1 Mio. Euro aus. Damit müssten rechnerisch 13 722 neue Intensivbetten gefördert worden sein“ (S. 37);
  • „Unabhängig hiervon beschaffte das BMG selbst im Februar 2020 rund 14 200 Beatmungsgeräte aus Bundesmitteln. Bis Mitte Februar 2021 hatten die Länder davon etwa 4 500 Geräte abgerufen“ (S. 37);
  • „Die Förderung von 50 000 Euro wurde auch dann gewährt, wenn ein bereits vorhandener Low‐Care Behandlungsplatz lediglich im erforderlichen Umfang aufgerüstet wurde“ (S. 39);
  • „Die Zahl der am 1. Januar 2020 tatsächlich aufgestellten Intensivbetten zuzüglich der im Jahr 2020 geförderten Intensivbetten entspreche nicht der Zahl der am 1. Januar 2021 gemeldeten aufgestellten Intensivbetten. Anfang März 2021 lagen dem BMG nach eigener Aussage keine validen Informationen zur Zahl der tatsächlich aufgestellten Intensivbetten zu den Stichtagen 1. Januar 2020 und 1. Januar 2021 vor“ (S. 39, Hervorh. Verf.)……

Autorengruppe Thesenpapiere, 11.6.2021

Download der Stellungnahme als pdf

Download des BRH-Berichtes vom 9.6.2021

 

Experten fordern Aussöhnung in Corona-Debatte

Wissenschaftler und Fachleute fordern: Der Bevölkerung müsse die Angst in der Pandemie genommen werden, um die Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.

 Michael Maier, 7.7.2021 – 20:03 Uhr

16 Experten und Expertinnen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen aus Deutschland und Österreich wenden sich mit einer umfangreichen Untersuchung an die Öffentlichkeit. Sie wollen die „aufgeladene öffentliche Debatte zu Covid-19 versachlichen, ins Verhältnis setzen und so in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext bringen“, wie die Initiatoren in einer Mitteilung schreiben. Zu den Autoren des interdisziplinären Papiers zählen unter anderem die deutsch-französische Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, der  Leiter des Labors für Psychoneuroimmunologie an der Klinik für Medizinische Psychologie der Medizinischen Universität Innsbruck, Christian Schubert, der Münchner Kinderarzt Martin Hirte, der Berliner Arzt und Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Präventologen Ellis Huber und die Mainzer Anwältin Jessica Hamed.

[Guérot]„Wir müssen verhindern, dass wir im Herbst wieder in eine Situation schlittern, in der hektisch und ohne Differenzierung Maßnahmen beschlossen werden, die zu einem gesellschaftlichen Ausnahmezustand führen.“ Dazu müsse die „Hysterisierung“ aus der Diskussion genommen werden. Das Virus dürfe „nicht zum Vorwand genommen werden, um unsere Rechtsordnung zu verschieben“. Im Vorfeld der politischen Entscheidungen müsse es „einen Raum für legitime Kritik geben….Wenn wir Andersdenkenden grundsätzlich unterstellen, dass sie von niederen Motiven geleitet seien, dann bewegen wir uns auf eine para-autoritäre Gesellschaft zu.“

Ellis Huber sagte dieser Zeitung, es gehe darum, der Bevölkerung durch eine sachliche Debatte „die Angst zu nehmen, um die Spaltung in der Gesellschaft zu überwinden“. Dazu sei es notwendig, einen rationalen Diskurs zu führen, der die Extreme „der völligen Leugnung auf der einen und die maximale Dämonisierung auf der anderen Seite“ in ihrer Dominanz zurückdrängt. Huber sagte, der Diskurs trage wegen der Extreme „infantilistische Züge, die von unterwürfiger Anpassung bis zu vorpubertärer Auflehnung“ reichen…..“

 

 

Der Verlust der Verhältnismäßigkeit: Kritische Thesen zur Corona-Krise

„…Die derzeitige Polarisierung der Diskussion legt scheinbar den Schluss nahe, dass eine Seite Recht hat und die andere im Unrecht ist, oder gar lügt. Die Vielzahl von paradox erscheinenden Informationen über das Corona-Virus SARS-CoV2 und die Auswirkungen auf die Menschheit sind aber U.E. kein Zeichen für bewusst verbreitete Falsch-Informationen, sondern werden zumeist durch die Vielzahl der Facetten der Wirklichkeit und die Blickrichtung und das Gesichtsfeld des Betrachters hervorgerufen. Die Aufgabe diese Facetten unvoreingenommen abzubilden und zu einem komplexen Bild zusammenzufügen ist ureigene Aufgabe der Wissenschaft, darüber differenziert zu berichten Aufgabe der Medien. Wir erkennen derzeit nicht, dass der Mainstream der Medien und der Wissenschaft diesen Aufgaben gewissenhaft nachkommt.

………

In der von uns gewünschten offenen demokratischen Gesellschaft ist es für die Diskussion unterschiedlicher Standpunkte dringend erforderlich, die Meinungen, Erfahrungen und Ängste der Diskussionspartner*in ernst zu nehmen und zu respektieren, ja aktiv eine Brücke zu bauen oder eine Hand zu reichen, die in den Dialog führt. Die Äußerung von Kritik muss jederzeit – unter Wertschätzung des Gegenübers – in einer pluralistischen Gesellschaft möglich sein. Sie ist für die lebendige Demokratie so wichtig wie die die Diversität der Natur für das Leben auf unserem Planeten.

 Um Verhältnismäßigkeit in einer Demokratie zu erreichen bedarf es immer der ergebnisoffenen Diskussion.

 

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