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Empfehlenswerte Literatur
Ursula Neumann: Der Kirchenrechtsprofessor nimmt Vernunft an, wird mit mir glücklich und stirbt. BoD 2017.
An der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen lehrten vor einigen Jahrzehnten vier bekannte Theologieprofessoren, die unterschiedlicher kaum hätten sein können und später auch höchst unterschiedliche „Karrieren“ einschlugen: Joseph Ratzinger wurde Papst, Walter Kaspar Kardinal, Hans Küng innerkirchlicher Ketzer – und Johannes Neumann wechselte ins „feindliche Lager“: Der ehemalige Fakultätsrektor verließ die Kirche, heiratete und wurde Beirat des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) sowie (später) der Giordano-Bruno-Stiftung. Vor allem von jener dramatischen Zeit, in der Johannes Neumann nicht nur mit dem Beruf des Theologen, sondern auch mit dem priesterlichen Zölibat haderte, handelt das Buch, das seine Witwe, die Psychoanalytikerin Ursula Neumann, nun veröffentlicht hat. Doch, Achtung: Es handelt sich hierbei keineswegs um eine Hagiografie, also um eine salbungsvolle, erbauliche Lebensgeschichte, sondern um ein schonungslos ehrliches Buch, das so wohl nur aus der Feder einer erfahrenen Therapeutin stammen kann. Die radikale Offenheit, in der Ursula Neumann über die Anfänge der Beziehung zu ihrem 2014 verstorbenen Mann, über Seitensprünge und Eifersucht, über Intrigen und Verrat schreibt, mag zartbesaitete oder an Individualpsychologie uninteressierte Leser vielleicht verstören, bietet aber einen tiefen (wenn auch subjektiv gefärbten) Einblick in die Psyche der beiden Hauptpersonen sowie in das geistige (und amouröse) Klima, das in den 1970er Jahren an der damals wohl interessantesten Theologischen Fakultät des Landes herrschte.
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