Ich will ja nicht mäkeln. Ehrlich nicht!
Aus eigener Erfahrung weiß ich nämlich gut, dass nicht jeder Schuss ein Treffer ist und man sich trotz gewissenhafter Prüfung irren kann. Gerade wenn eine Entwicklung neu ist.
Achja, ich träume mich schon in die Zeiten zurück, in denen ich nach zwei Impfungen die Bezeichnung „vollständig geimpft“ führen durfte. Aber darum geht es jetzt nicht. Auch nicht um die Klärung der Frage, ob die dritte Impfung eine „Auffrischungsimpfung“ ist oder zur Grundimmunisierung gehört… und die vierte dann… was ist dann das?
Dinge heute für absolut richtig erklären , von denen man nicht weiß, ob sie nicht morgen absolut falsch sein können
Eher geht es schon darum, was Katharina Riehl in ihrem Leitartikel vom 31.12.21 schreibt („Wir halten das aus“ ) schreibt: „.. Es bleibt […] vollkommen rätselhaft warum ständig Dinge als absolut erklärt werden, von denen man nicht weiß, ob sie morgen nicht vielleicht absolut falsch sein können. Manchmal würde man den Regierenden gern sanft die Hand auf die Schulter legen und sagen: Ihr dürft zugeben, wenn ihr etwas nicht genau wisst.[…] Eure Wähler sind schon groß, sie halten die Unsicherheit aus.“
Das sehe ich auch so. Mehr noch: Diese Ehrlichkeit würde den Zusammenhalt fördern, weil sie signalisiert „wir diskutieren auf Augenhöhe. Nicht von oben herab.“
Was nicht nur verärgert sondern gefährlich unglaubwürdig macht: Sich selbstgewiss in die Brust zu werfen, abweichende Meinungen mit Adjektiven wie „bekloppt“, „verantwortungslos“, „unwissenschaftlich“ abzuqualifizieren. Und darauf zu spekulieren dass unsereins ein kurzes Gedächtnis hat. Was leider oft stimmt. Aber eben nicht immer:
Bayerischer PCR-Wundertest. Wo ist er abgeblieben?
Hier ein klitzekleines Beispiel. An sich nicht sehr bedeutend, obwohl mich schon interessieren würde, wo wieviel Geld abgeblieben ist. Um nicht missverstanden zu werden: Bei jeder neuen Entwicklung muss Risikokapital eingesetzt werden – und das kann am Ende des Tages futsch sein. Aber da die folgende Geschichte in Bayern spielt… Sie wissen schon, das ist da wo die Maskendealer besonders erfolgreich zugange waren (und vor Gericht bestätigt gekriegt haben, dass man sie nicht um ihre Provision bringen dürfe)… also, weil die PCR-Test-Geschichte sich in Söderland abspielte, sollte man genauer hinguckten.
Die Sache ist die:
Am 15.2.21 meldete der Bayerische Rundfunk unter der Überschrift
„Bayerischer Schnelltest: Aiwanger hofft auf baldigen Einsatz“
„Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger und Gesundheitsminister Holetschek haben sich heute über den bayerischen PCR-Schnelltest ‚GNA-Octea‘ informiert.[…] Mit dem neuen Testverfahren der Firma GNA Biosolutions habe der Freistaat auf das richtige Pferd gesetzt, so Aiwanger bei einer Pressekonferenz am Münchner Flughafen. […] Wirtschaftsminister Aiwanger hatte die Entwicklung des Schnelltests im April 2020 bei GNA Biosolutions in Martinsried in Auftrag gegeben. Das bayerische Gesundheitsministerium wiederum hat die Kosten für den Pilotversuch übernommen. […] Mit einer Sensitivität von 96,7 Prozent soll er das hohe Niveau von PCR-Normaltests erreichen. Laut Aiwanger habe der Freistaat zusammen mit dem Unternehmen eine ‚hervorragende Technik zum Laufen gebracht‘. Und weiter: ‚In Kürze gebe es gute Ergebnisse,‘ so der Wirtschaftsminister.“
Am 30.12. desselben Jahres vermeldet wiederum derselbe Bayerische Rundfunk (genauer: Jochen Eichner. Ehre, wem Ehre gebührt!)
„Aiwangers Wundertest – in der Versenkung verschwunden?“
„Bayern habe ein ’super Gerät entwickelt, verkündete Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) Ende 2020: ‚Wir haben uns ein Bezugsrecht für eintausend Testgeräte und eine Million Einzeltests gesichert. Soweit nötig, können wir weitere Tests ordern‘, erklärte Aiwanger. […] Das Testgerät sollte die Teststrategie des Freistaats revolutionieren. […]Aiwanger war damals euphorisch: ‚Das macht uns so schnell keiner nach. Es ist ein bayerisches Qualitätsprodukt der Spitzenklasse.‘
[…] Ein Jahr später kritisiert die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann: Die angestrebte europaweite Zulassung des bayerischen PCR-Schnelltests sei nicht erfolgt. Und: ‚Kein Mucks aus dem Wirtschaftsministerium. Aiwanger will nichts mehr damit zu tun haben‘, glaubt Waldmann. […]
Aus tausend werden sechs
Und das Bezugsrecht für 1.000 Geräte, das sich der Freistaat gesichert hatte? Aus den 1.000 Geräten wurden sechs. Diese hat die Staatsregierung erworben, dazu 60.000 Tests, und zwar zu Erprobungszwecken – das geht aus der Antwort des Gesundheitsministeriums auf die SPD-Anfrage im August hervor.
Trotzdem: Im Wirtschaftsministerium ist man sicher, auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Rund acht Millionen Euro hatte das Ministerium an die Entwicklerfirma GNA gezahlt – für den Auftrag, ein PCR-basiertes Schnelltestsystem zu entwickeln.
Erlöse aus Lizenzgebühren
Der Freistaat Bayern soll dafür nun Erlöse unter anderem aus Lizenzgebühren bekommen. Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es, die ‚politische Kritik an dem Investment‘ verwundere: ‚In Kürze werden weitere Zahlungen seitens GNA zugunsten des Freistaates Bayern in Millionenhöhe erwartet, die in Summe deutlich über der eingesetzten Investitionssumme liegen. Auch im Hinblick auf den weiterentwickelten Firmenstandort und die qualifizierten Arbeitsplätze für Bayern war das Investment äußerst sinnvoll.‘
‚Weltbeste Tests‘ spielen keine Rolle
Eine Aussage, die für die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann Fragen aufwirft: Woher sollen die Erlöse aus Lizenzgebühren für den Freistaat kommen, wenn es gar keine Markteinführung gegeben hat?“
Ja, diese Frage kann man sich stellen. Vor allem aber sollte man sie nicht vergessen.