Katholisch putzen

Auf die putzige Stellenanzeige für eine Reinigungskraft stieß ich natürlich nicht, ohne darauf gestoßen zu werden: Eine Frau beklagte sich mir gegenüber: Sie hätte Interesse an der Stelle einer Reinigungskraft in einem katholischen Kindergarten, aber sie sei nicht katholisch und deshalb käme sie nicht dafür in Frage. „Quatsch“ sagte ich, „die Konfession spielt bei so einem Job keine Rolle!“ Doch, sagte sie, es stünde ausdrücklich in der Annonce drin. Ich wollte es nicht glauben. Ja früher! Da gab es in meiner Heimatstadt, die damals noch mit Recht den Namen Oberkirch trug, sogar eine katholische Frauengymnastik. Eigentlich glaubte ich, dass diese Oberkirchlichkeit schon länger vorbei wäre. Aber mindestens was das Putzen in katholischen Kindergärten betrifft habe ich mich geirrt.

Sehr schnell stieß ich auf folgenden Text( https://hokify.de/job/11045844) :

Reinigungskraft mit 8,75 Std. Oberkirch ab sofort

Verrechnungsstelle für Kath. Kirchengemeinden Achern uneigenstä. Einr.d. Erzbistums

77704 Oberkirch

Teilzeit

Kategorie: Reinigungskraft, RaumpflegerIn

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ÜBER DIE AUSGESCHRIEBENE STELLE

Unsere 7-gruppige Kindertagesstätte bietet maximal 140 Plätze für Kinder von 1-6 Jahren. …..Wir arbeiten nach dem Orientierungsplan für Bildung, Betreuung und Erziehung. Ziel ist es, das Kind zu unterstützen seine eigenen Fähigkeiten zu entdecken und Erlebnisse und Erfahrungen aus seinem Leben zu verarbeiten, zu begreifen und zu verstehen, um als selbstständige Persönlichkeit gestärkt in das weitere Leben zu gehen.

Auf der Grundlage des christlichen Glaubens wird eine tragfähige Beziehung zum Kind aufgebaut. Die enge Kooperation mit der Kirchengemeinde stärkt unsere Gemeinschaft.

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Ihre Aufgaben

 Ihre Tätigkeit umfasst sämtliche Aufgaben einer Reinigungskraft u.a. das Reinigen des Fußbodens, Reinigung der Sanitäranlagen, des Inventars bzw. der Fensterflächen und die Leerung der Mülleimer. Sie arbeiten im Team mit zwei weiteren Reinigungskräften zusammen. Die zu reinigenden Flächen befinden sich auf zwei Ebenen der Kindertagesstätte.

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Wir erwarten

  • Zuverlässigkeit und Gründlichkeit
  • Organisationstalent, Verantwortungs- und Qualitätsbewusstsein
  • freundliches Auftreten
  • Erfahrung in der Reinigung sind von Vorteil
  • Engagement und Teamfähigkeit
  • Zugehörigkeit zur und Identifikation mit den Grundsätzen der Katholischen Kirche

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Nach allem was ich weiß (aber was weiß ich schon!), ist für die Kindergartenkinder die katholische Konfessionszugehörigkeit nicht erforderlich. Das kann man so und so sehen. Aber es sind Anzeichen eines gefährlichen Indifferentismus bei den Erziehungszielen offensichtlich:  der Beziehungsaufbau zu den Kindern erfolge „auf der Grundlage des christlichen Glaubens“ und nicht nach den „Grundsätzen der Katholischen Kirche“. Da muss der der Erosion wenigstens beim Reinigen der Kinderklos und des Fußbodens Einhalt geboten werden. Welch verderblicher Einfluss könnte hier von einer Reinigungskraft ausgehen, die sich nicht mit katholischen Grundsätzen identifizierte! Mal abgesehen davon, dass katholisch Identifizierte nicht einfach nur sauber, sondern rein putzen. Schließlich gibt es ja (seit 1854) das Dogma von der fleckenfreien Empfängnis. Äh. Nein, das heißt anders: Dogma von der unbefleckten Empfängnis.

 

Veränderungen im Arbeitsrecht – spurlos vorbeigegangen….

So weit ist dies eine Angelegenheit, um die Augenbrauen hochzuziehen und wie im heiligen Köln zu sagen: „Wat et nit all jit!“

Es widerstrebt mir aber irgendwie, es dabei zu belassen. Deshalb werde ich die einschlägigen katholischen Stellen darüber informieren, dass sie seit wenigstens 2018 nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind. Zwar gab es schon zuvor einige Urteile von deutschen Gerichten, die mit dem lange als grenzenlos verstandenen Recht der Kirchen aufräumten, mit ihren ca. 1,3 Millionen Bediensteten zu schalten und walten wie sie wollen..

Urteil des EuGH von 2018

Seit 2018 liegt aber das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vor, das im Sinne der Antidiskriminierung bestimmt, dass nicht einfach jede Stelle eines kirchlichen Arbeitgebers an die Konfessionszugehörigkeit des Bewerbers/der Bewerberin gebunden sein dürfe. Vielmehr gilt das nur für die Stellen, bei denen – vereinfacht gesagt – ein sogenannter Verkündigungsauftrag besteht.

In der Presseerklärung zum Urteil des EuGH wird erläutert:(https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-04/cp180046de.pdf,   die Kirchen dürften zwar eine „mit der Religion oder Weltanschauung zusammenhängende Anforderung“ stellen. Dies gelte aber nur, wenn diese Bedingung bei der jeweiligen Tätigkeit „eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation“ darstelle. Für die gegen die Diakonie klagende Sozialpädagogin wurde das verneint. Für den Chefarzt eines katholischen Krankenhauses übrigens auch. (Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts 2019  (http://(https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2019&nr=21974&pos=1&anz=11&titel=K%C3%BCndigung_des_Chefarztes_eines_katholischen_Krankenhauses_wegen_Wiederverheiratung  Das BAG bezieht sich dabei ausdrücklich auf das EuGH-Urteil vom 17.4.2018)

Ob die Position einer Reinigungskraft hier näher am Verkündigungsauftrag der Kirche dran ist – ich weiß nicht, ich weiß nicht.   

Aber nur Mut! Dem Urteil des EuGH kann auch die Kirche etwas Positives abgewinnen. Schrieb doch der Spiegel unter der Überschrift Muss ein Arzt oder Gärtner, der bei der Kirche arbeitet, auch Kirchenmitglied sein?  https://www.spiegel.de/karriere/eugh-kirchliche-arbeitgeber-duerfen-konfession-nicht-immer-fordern-a-1203268.html„ Mit dem Urteil des EuGH könnte es kirchlichen Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen nun leichter fallen, Personal zu finden – wenn die Bewerber keine Kirchenmitglieder mehr sein müssen.“

Da die Suche nach einer katholischen Reinigungskraft schon seit wenigstens 21 Tagen läuft und offenbar noch nicht von Erfolg gekrönt war, könnte eine großzügige Erweiterung des BewerberInnenkreises vielleicht weiterhelfen.

Falls es irgendeine Reaktion auf meine Information an die entsprechenden katholischen Stellen gibt, werde ich es vermelden.   

 

22.7.20:  Die Antwort

Keine 24 Stunden später kann ich die Reaktion vermelden und ich gestehe frank und frei: das ist eine souveräne Antwort. Ich würde mir wünschen, dass so etwas der Normalfall wäre. Und ehrlich gesagt: Ich glaub sogar, dass die „katholische“ Anforderungen an die Putzstelle aus Versehen in die Annonce reingerutscht ist.

Sehr geehrte Frau Neumann,

Ihre E-Mail wurde eben an mich weitergeleitet. Ich möchte Ihnen gerne darauf antworten.

Sie haben natürlich völlig recht, dass es aufgrund des EuGH-Urteils nicht mehr zulässig ist, eine „rein katholische“ Reinigungskraft zu suchen. Das wissen wir auch. Wir haben jedoch versehentlich von einer anderen Stellenausschreibung einen Absatz übernommen, wo genau dieser Passus (hier noch berechtigt) enthalten war. Für dieses Versehen entschuldigen wir uns. Wir haben die Stellenbeschreibung unmittelbar darauf von unserer Homepage genommen und versuchen gerade, die Stellenanzeige auf dem Portal hokofy löschen zu lassen.

Danke, dass Sie uns darauf hingewiesen haben. Wir nehmen diesen Vorgang zum Anlass, unsere Abläufe bei den Stellenausschreibungen zu verbessern.  

Mit freundlichen Grüßen

XY

Leiter der Dienststelle [Erzdiözese Freiburg | Verrechnungsstelle Achern | Leitung Dienststelle]

Die Kolumne ganz rauszunehmen – dazu kann ich mich aber dann doch nicht entschließen… war einfach zu putzig.  

 

 

 

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