Hä??? „Religionsgemeinschaften wollen Hochschulleben mit gestalten“

 

Am 7.11.19 brachte der Deutschlandfunk die Meldung:Die drei großen Religionsgemeinschaften in Deutschland wollen ihre Präsenz an den Hochschulen verstärken [in anderen Meldungen: Religionsgemeinschaften wollen Hochschulleben mit gestalten“].Vertreter der christlichen, jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaften unterzeichneten dazu in Frankfurt am Main ein erstes interreligiöses Positionspapier. Nach Angaben des katholischen Forums Hochschule und Kirche werden religiöse Gruppen durch Hochschulleitungen immer wieder eingeschränkt. Grund dafür sei meist die Angst vor fundamentalistischen Aktivitäten.“

Ach ja! Zu was Fundamentalismus nützlich ist! Jetzt ist er schuld, weil die Hochschulleitungen aus Angst vor fundamentalistischen Umtrieben alles in einen Topf werfen.

Einen Beleg für dergleichen „Einschränkungen“ konnte ich aber in keiner der Meldungen finden (von Deutschlandfunk über Domradio Köln, über die KNA über das „Forum Hochschule und Kirche“, bis zur Website www.islamiq.de,).

Es ist ja wirklich hübsch und löblich, wenn es heißt, die “Religionsvertreter*innen“ (teilweise reduziert auf „Religionsvertreter“) würden sich bekennen „zur Freiheit der Wissenschaften, treten für die Menschenrechte und für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein und bekennen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung.“

Man könnte fast meinen, die Herrschaften hätten im jeweils eigenen Laden nicht Einsatzmöglichkeiten gerade genug. „Freiheit der Wissenschaft“ an theologischen Fakultäten – ich lächle! Menschenrechte – da lächle ich schon weniger: Wie ist das mit der „freien Entfaltung der Persönlichkeit“ habe ich da was verpasst und gilt das neuerdings auch für muslimische Frauen, für Lesben, Schwule? Freie Meinungsäußerung? – Meines Wissens im binnenreligiösen Bereich nur bedingt empfehlenswert. Vereinigungsfreiheit? Na dann! Gewerkschaften auf in kirchliche Betriebe! Explizit genannt „Gleichberechtigung der Geschlechter“. Wird da niemand von den Verfassern (VerfasserInnen?) rot?  

Tua res agitur – kümmert Euch erst mal um Euren eigenen Dreck, bevor Ihr zur „Persönlichkeitsbildung von Studierenden und Forschenden“ beitragen wollt.  

Das ist der ärgerliche Teil der Sache, es gibt aber auch einen, den ich eher komisch finde:

Ich muss etwas ausholen: Jüngst nahm ich an einem Requiem teil mit schätzungsweise 150 bis 200 Trauergästen, fast alle im fortgeschrittenen Alter. Mitleid ergriff mich mit dem Zelebrierenden. Er erinnerte mich sehr an einen unglücklichen Clown auf der Bühne der verzweifelt versucht, sein lustloses Publikum zum Mitschunkeln zu bewegen. Wenn er der Gemeinde nicht die jeweils vorgeschriebenen liturgischen Antworten vorgesagt haben würde, hätte Schweigen im Wald bzw. im Dom geherrscht; wenn er nicht mit kräftiger, mikroverstärkter Stimme selbst die Lieder gesungen hätte, wäre nur ein klägliches Piepsen zu hören gewesen. Will sagen: Leute, wenn schon bei religiös bis zum Abwinken sozialisierten Leuten die Entfremdung so ist wie sie ist, glaubt Ihr dann wirklich, es liege an irgendwelchen fundamentalismusphoben Hochschulleitungen, wenn Ihr keinen Fuß auf den Campus kriegt? Habt ihr mal nachgezählt, wieviel Man- und Womanpower ihr überhaupt habt für Eure hochgesteckten Ziele? Ich empfehle die Worte Jesu: Wer von euch, wenn er einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuerst hin und rechnet, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen? Damit nicht, nachdem er das Fundament gelegt hat, er dann nicht mehr in der Lage ist, alles zu Ende zu führen, und alle diejenigen, die das sehen, anfangen zu spotten und sagen: Dieser Mensch hat begonnen zu bauen und ist nun nicht mehr imstande, dies zu Ende zu führen. (Lk 14.28-31) Kurz gesagt: Verhebt Euch nicht!

Oder aber – und jetzt wird es wieder ernst – habt Ihr, liebe Verfasser (VerfasserInnen??) des Positionspapiers, etwa bei Karl Valentin abgeschaut?

„Woher diese leeren Theater? Nur durch das Ausbleiben des Publikums. Schuld daran – nur der Staat. Warum wird kein Theaterzwang eingeführt? Wenn jeder Mensch in das Theater gehen muss, wird die Sache gleich anders. Warum ist der Schulzwang eingeführt? Kein Schüler würde die Schule besuchen, wenn er nicht müsste….Ist das Theater nicht auch Schule, Fragezeichen! Schon bei den Kindern könnte man beginnen mit dem Theaterzwang… Wieviel Schauspielern wäre hier Arbeitsgelegenheit geboten. Der Theaterzwang bezirksweise eingeführt würde das ganze Wirtschaftsleben neu beleben… Nur durch Zwang ist heute unser Theaterpublikum zum Theaterbesuch zu zwingen. Mit guten Worten haben wir jetzt Jahrzehnte hindurch wenig Erfolg gehabt…“ (Karl Valentin, Zwangsvorstellungen)

So ganz werde ich den Verdacht nicht los, dass Eure Logik eine ähnliche sein könnte: Zunächst ein großzügiges Angebot, was Bedeutsames ihr für die Persönlichkeitsentwicklung, naja und damit auch für die Gesellschaft zu leisten willens (und imstande!) seid. Und wenn die widerspenstigen Studierenden und Lehrenden diese Segnungen nicht annehmen, dann nimmt man den Staat in die Pflicht. Ist zwar etwas unklar geworden, wer eigentlich wen braucht, aber hat ja in anderen Bereichen ganz gut geklappt. Warum nicht auch hier?

 

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