In einem Forum für ÄrztInnen und PsychotherapeutInnen schrieb ich Anfang der Woche:
„Heute bekam ich (sehr schnell!!) von meiner KV (Ba-Wü) die bestellten FFP2-Masken zugeschickt. Als braver Mensch habe ich gelesen, was das RKI et al. in dem beiligenden Merkblatt „PSA[Persönliche Schutzausrüstung] -Bitte Ressourcen und Sorgfalt beachten“ zu lesen gibt. Nämlich unter anderem: „FFP2-Masken und FFP-3Masken sind nur von Arzt/MFA zum persönlichen Schutz zu tragen. Diese Masken sind am Patienten kontraindiziert.“ Klärt mal jemand eine unbedarfte Psychotherapeutin auf, die derzeit gleich anderen den EDEKA nur mit FFP2-Maske betreten darf?“
Manche Foristen zogen hörbar die Augenbrauen hoch und ich fühlte mich verstanden:
„… hätte auch wunderbar ins Café ad absurdum gepasst 😉 … aber da steht ja auch eindeutig ‚nur vom ARZT/MFA zum persönlichen Schutz zu tragen‘ – also nix für den persönlichen Schutz von irgendwem anderen. Und am Patienten getragen geht natürlich der persönliche Schutz von Arzt/MFA sowieso verloren. Gar nicht zu reden vom Schutz der ArztINNEN, die offenbar völlig ungeschützt bleiben. Also natürlich: Maske auf beim Edeka! Schließlich könnten Sie dort unbedarften PatientInnen begegnen. Alles völlig einfach und selbsterklärend … ;-)“
Oder: „Da hier doch eindeutig steht ’nur für medizinisches Personal (Arzt/MFA)‘ sollte man doch mal darüber nachdenken, ob es nicht bedeutet, dass Patienten für diese „hochwertigen Masken“ kontraindiziert sind!“
Andere übten sich in exegetischen Künsten – zur Aufrechterhaltung der Ehre der Kassenärztlichen Vereinigung und des RKI. Fand ich psychologisch recht interessant:
„Ich denke, damit ist gemeint, dass Sie die Masken nicht an die Pat weitergeben sollen.“
„Die KVBW meint aus meiner Sicht tatsächlich, dass Sie es selbst verwenden sollten, Frau Kollegin.“
„…Der Grund für diese Einschränkung ist, dass FFP2-Masken für Patienten als Medizinprodukte zugelassen werden müssen — für Ärzte jedoch als PSA (persönliche Schutzausrüstung) — sind zwei verschiedene Normen — wenn die Masken nun nicht als Medizinprodukt zugelassen wurden, dann dürfen sie (theoretisch) nicht für Patienten verwendet werden.“
Aber das Thema ist zu ernst, um sich nur mit den absurden Seiten zu befassen.
Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin. – Genaues Lesen empfohlen!
Die deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin hat am 30.1.21. eine Stellungahme veröffentlicht angesichts der Pflicht zum Tragen einer FFP2 Maske in Geschäften und Öffentlichen Verkehrsmitteln
Weil diese Stellungnahme – anders als der Text der Kassenärztlichen Vereinigung oben – sorgfältig formuliert ist, empfiehlt es sich, ihn sorgfältig zu lesen… auch zwischen den Zeilen:
Die Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin „begrüßt“ die Initiative „Mund-Nasen-Bedeckungen als wirkungsvollen Schritt zum Infektionsschutz mit in den Vordergrund zu stellen.“ Sie begründet das: „Man geht momentan davon aus, dass in etwa 1000 Viren erforderlich sind, um eine Infektion beim Menschen auszulösen . Diese Zahl kann bei den neu aufgetretenen Virusmutationen ggf. auch niedriger sein. Ein Mund-Nasen-Schutz kann in Abhängigkeit von seiner Filterleistung die Anzahl inhalierter und exhalierter Partikel reduzieren.“
Kann reduzieren. Voraussetzung ist allerdings, dass die Maske gut und dass sie dicht ist:
„Die Filterleistung einer Maske wird bestimmt durch den Wirkungsgrad (die Filterleistung) des Maskengewebes und den Anteil der Luft, der beim Einatmen das Filtermedium nicht durchströmt (die sogenannte Leckage).“Bereits eine „Leckage von „lediglich 1% der Filterfläche“ reduziert die Filterleistung „auf etwa 50%“. Und zwei Prozent Leckage reduzieren die Filterleistung um wieviel?
„Anders als in den USA und England ist in Europa bei der Benutzung einer FFP-Maske (in den USA N 95 Maske) kein Test auf Dichtigkeit vorgeschrieben, lediglich vom Tragen eines Bartes bei der Anwendung von FFP-Masken wird abgeraten“ Und „Studien an medizinischem Personal konnten zeigen, dass die Fehlerquote bei der Anpassung der FFP-Masken erheblich ist und durch Schulung verbessert werden kann.“ Das glaube ich gern. Wenn ich mir einerseits das Informationsblatt des Robert-Koch-Instituts „Atemschutzmaske und Schutzbrille sicher anlegen“ betrachte mit dem Hinweis (Mit rotem Ausrufungszeichen) „Regelmäßiges Trainieren erhöht die Sicherheit im Umgang mit persönlicher Schutzausrüstung“ und andererseits die Leute betrachte (ich schließe mich nicht aus), die die Maske aus der Hosentasche oder vom Rückspiegel ziehen und dann irgendwie die Bändel über die Ohren spannen… Dann steht auf alle Fälle fest: Erfolgreiche Schulungen scheinen in diesem Bereich bislang kaum durchgeführt worden zu sein.
Die Gesellschaft für Pneumologie sagt es eleganter. „Allerdings sieht die DGP das Problem, dass durch inkorrekte Handhabung bzw. Anwendung und mangelhafte Passform keine ausreichende Schutzwirkung erzielt wird. Daher muss mehr Aufklärung in der Bevölkerung erfolgen, wie die Masken zu tragen sind. FFP-Masken mit Ausatemventil bieten keinen Fremdschutz und sollten von der Empfehlung ausgenommen werden.“
Die Datenlage: Infektionsschutz durch FFP-Masken
Tja… und wie ist die Datenlage grundsätzlich?
Datenlage zum Infektionsschutz durch FFP-Masken:
„Die klinischen Daten zur Effektivität von FFP-Masken für den Infektionsschutz des Trägers sind durchaus bescheiden. Frühere vergleichende Studien vor der COVID-Pandemie konnten keine Überlegenheit von FFP-Masken gegenüber chirurgischen Mund-Nasen-Masken hinsichtlich der Infektionsrate bei unterschiedlichen Infektionskrankheiten zeigen. Trotzdem soll aufgrund der höheren Filtrationsleistung bei Kontakt mit einer mit SARS-CoV2 infizierten Person in einer medizinischen Einrichtung das Tragen einer FFP-Maske oder eines höherwertigen Atemschutzes erfolgen. Dies entspricht den Vorgaben des RKI. An dieser Stelle sei aber darauf hingewiesen, dass nur geprüfte Masken zur Anwendung kommen sollten. In einer Untersuchung an 15 verschiedenen FFP-Masken, die einer Klinik im Rahmen der Sars-CoV-2 Pandemie zur Verfügung standen, haben 33% der Masken die vorgegebene Filterleistung z.T. deutlich unterschritten, obwohl diese Masken einen Aufdruck der Norm und teilweise auch eine komplette CE Nummer aufwiesen. Dieser Missstand ist den zuständigen Behörden bekannt.“
Bekannt dürfte den Behörden anders als der Normalbevölkerung auch Folgendes sein:
FFP2 Masken zählen zur „persönlichen Schutzausrüstung“ der ÄrztInnen. Bei der Zulassung wird „lediglich die nach innen gerichtete Leckage überprüft. Somit stellt das Prüfverfahren lediglich den Selbstschutz des Trägers sicher“ (notabene: bei korrekter Handhabung und korrektem Sitz) „und lässt den Fremdschutz außer Acht.“ Aber genau so wird ja argumentiert: „Zum Schutz der Mitmenschen Schutzmaske tragen“. Unsere tägliche gute Tat.
Fazit der Stellungnahme:
Alle Entscheidungen über die Verwendung von medizinischer und persönlicher Schutzausrüstung müssen vor dem Hintergrund getroffen werden, dass es länderübergreifend zu keiner Verknappung benötigter Güter im medizinischen Bereich kommen darf.
- Die DGP begrüßt grundsätzlich die Initiative der Regierung, den Infektionsschutz durch das Tragen qualitativ guter Masken zu verbessern.
- FFP-Masken und chirurgische Masken wurden zu anderen Zwecken entwickelt und stellen für den Eigen- und Fremdschutz der Bevölkerung gegenüber infektiösen Aerosolen einen Kompromiss dar.
- Community -Masken mit elektrostatischen Filtereigenschaften können die Filtrationsleistung einer FFP-Maske erreichen und könnten so eine wiederverwendbare Alternative darstellen.
- Alle Masken können bei falscher Handhabung (unzureichende Anpassung) und daraus resultierenden Leckagen erheblich an Filterleistung verlieren. Deshalb müssen Masken eng auf der Gesichtshaut anliegen. Auf Masken mit Exspirationsventil sollte verzichtet werden.
- Die dauerhafte Wiederverwendung und Wiederaufbereitung von FFP-Masken durch Ablagern oder Erhitzen auf 80 °C verhindert nicht die bakterielle Besiedlung und kann daher nicht als sichere Hygienemaßnahme empfohlen werden.
- Die DGP begrüßt die Neuentwicklung von Masken, die den Erfordernissen des Infektionsschutzes gerecht werden und für den breiten Einsatz in der Bevölkerung geeignet sind.
Mein Schlusswort
Als Schlusswort möge ein Zitat aus der Ärztezeitung vom 9.12.20 dienen:
„ Die Bundesregierung bringt bis 15. April rund 400 Millionen FFP-2-Masken für knapp 2,5 Milliarden Euro unter die Leute. Anspruch auf die gegen eine geringe Eigenbeteiligung abzugebenden Masken sollen besonders gefährdete Personengruppen haben.“
Keine Ahnung, wie das Geschäft mit den weniger „gefährdeten Personengruppen“ läuft, die die Masken aus eigener Tasche bezahlen… derzeit das Stück durchschnittlich für 3 Euro.
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Siehe auch meine Beiträge: vom 19.9.20. un2 20.11.20
Maskenpflicht: Kappstein zerpflückt RKI – Borsche zerpflückt Kappstein … und wird von ForenteilnehmerInnen zerpflückt
Prof. Dr. Ines Kappstein zerpflückt RKI et al.: „Mund-Nasenschutz in der Öffentlichkeit. Keine Hinweise für eine Wirksamkeit“