Wie während der Corona-Pandemie mit alten Menschen in Heimen umgegangen wurde, wäre einer ausführlicheren Kolumne wert. Aber der Tag hat 24 Stunden – und das gilt sowohl für Leute, die Texte lesen als auch für solche, die Texte schreiben.
Vielleicht ist die auf https://www.buchplauderer.com/post/zu-tode-gerettet angeregte Sammlung, bei der die Autorin um Beiträge bittet, von Erfolg gekrönt.
Sie schreibt, „dass in dem Seniorenwohnheim im Laufe der letzten acht Wochen zwei Menschen verstorben seien, weil ihnen aufgrund der Kontaktbeschränkungen die notwendige Pflege nicht mehr zuteil wurde. (In besagten Wohnheim kennt sie übrigens keinen einzigen Coronainfektionsfall) Alte Leute, teils prädement, wurden von heute auf gleich von ihren täglichen Spaziergängen, krankengymnastischen und sozialen psychologischen Behandlungen ferngehalten, konnten ihre Angehörigen nicht mehr sehen. Teilweise Menschen, die über keinerlei Erfahrung im Umgang mit Internet oder modernen Mobiltelefonen haben.“
In einem Ärzteforum machen zahlreiche ärztliche Kollegen ihrer Empörung Luft über das, was sie an Bevormundung und Behinderung durch Heime erlebten. Wobei: Die Ärztinnen können wieder gehen. Die HeimbewohnerInnen nicht.
Es gab auch Gegenbeispiele von guter Kooperation und einem an den HeimbewohnerInnen orientiertem Denken. Und auch hier muss mitbedacht werden: Was passiert an Schuldzuschreibungen, wenn in einem Heim Corona ausbricht? Dass Heimleitungen (wie so viele andere „Obrigkeiten“) das Prinzip der Verhältnismäßigkeit vergessen – verständlich ist es. Aber ist es auch entschuldbar?
ÄrztInnen, die Heime betreuten, schrieben etwa:
„Ich sollte z.B. die Besuche 8 Tage vorher anmelden, die Dauer wurde auf 15 Minuten begrenzt, die Notwendigkeit in Frage gestellt etc. Wobei ich komplette Schutzkleidung trug, beim Personal aber unzählige Fehler in der Befolgung von Hygieneschutz beobachtete. Hier wurden Bewohner als Eigentum des Hauses behandelt und versucht gnadenlos Macht zu demonstrieren. Ich konnte mich dank meiner Kontakte zur Heimleitung und der Bewohnervertretung durchsetzen, fand aber das Verhalten unmöglich!“
Eine andere Stellungnahme war:
„Ohne die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der ergriffenen Maßnahmen diskutieren zu wollen, fiel mir einmal mehr auf, dass es (insbesondere in Deutschland?) problematisch zu sein scheint, Menschen „Macht“ in die Hände zu geben, die nicht damit umzugehen wissen. Ich konnte leider die von den Kollegen oben beschriebenen Erlebnisse teilen und sah mich ebenso gezwungen, die Möbel wieder zurechtzurücken! Ganz furchtbar waren die Kandidaten, welche die angeordneten Maßnahmen noch zu verschlimmbessern wussten! Ganz frei nach dem Motto „wer sonst im Leben keine Rolle spielt, macht häufig Theater!“ Wäre da nicht die Verantwortung für meine Patienten gewesen, hätte ich mich am liebsten mit Grausen abgewendet!“
Zur Ergänzung: Bereits am 25.4. hatte ich einen Text zu dem Thema eingestellt – wie sich jemand erfolgreich gegen maßlose Bevormundung gewehrt hat:
Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt! (alter Sponti-Spruch)