„Verzweifelte Jagd nach Meilen“
So titelte das Handelsblatt am 5.2.21 seinen Beitrag zu den Problemen der VIP-Vielflieger. So allmählich werden die wirklich großen Probleme durch Corona sichtbar:
„Corona macht das Meilensammeln für Vielflieger schwer. Doch manche versuchen trotzdem, ihren Status aufrechtzuerhalten – das gefällt nicht jedem.“
Für Uneingeweihte (wie mich zum Beispiel): Um den „Gold- oder Senatorstatus“ zu erreichen, muss man bei Miles & More 100 000 Meilen fliegen. Pro Jahr, nehme ich an. Dafür wird man mit der Limousine zum Flugzeug gebracht (also nicht gemeinsam mit dem Plebs in so komischen Bussen ohne Sitzplätze). Und in der Lounge kriegt man „Champagner und Filetsteak“ kostenlos.
Aber jetzt – horreur! – fliegen Flugzeuge nicht mehr und man kann trotz großzügigen Entgegenkommens diverser Luftlinien seinen Vielflieger-Status kaum noch halten. Zudem: wenn viel weniger Leute fliegen, hat das grässliche Folgen: An den Terminals bringe Priority Boarding einem nichts “weil es ohnehin keine großen Schlangen mehr gibt“. Wo bleibt der narzisstische Gewinn, wenn man nicht von einer flotten Stewardess an den Schlangen vorbeigeleitet wird? Aber es kommt noch schlimmer: In Dubai – man wagt es kaum auszusprechen – hatte die VIP-Lounge geschlossen. Mit viel Glück ergatterte man ein abgepacktes Sandwich!
Verzweifelter Kampf um die Existenz
Am 9.2.21 strahlte der holländische Rundfunk einen Kommentar von Marianne Zwagerman aus „Witte jassen-maffia“ zu deutsch: Die Weißkittel-Mafia. Mein Sohn hat ihn mir übersetzt. Dabei geht es um die Situation der „normalen Leute“, die in den Niederlanden nicht anders ist als in Deutschland: „Sie hat noch 16 Euro auf ihrem Konto. Das ist ihr Lohn dafür, dass sie acht Jahre lang hart gearbeitet hat, um ihr Unternehmen aufzubauen. Ihre Kunden schenken diesem Umstand keinen Glauben, denn im Fernsehen wird pauschal berichtet, dass Unternehmer staatliche Unterstützung bekommen. Aber wie erklärt man in Talkshows, dass diese Unterstützung maximal 50% der letzten Fixkosten deckt? …
Die Kapazitäten im Gesundheitssystem hätten zu jedem Zeitpunkt Vorrang, sagt Zwagermann „wie groß die gesellschaftliche Belastung auch sei. Denn diese ist abstrakt. Es gibt kein „Corona-Dashboard“ für die psychologischen Beeinträchtigungen und die wirtschaftlichen Verwüstungen. Das Bild einer Schlange von Krankenwägen vor einem Krankenhaus, das wie jeden Winter seine Logistik nicht auf die Reihe kriegt, wiegt tausendmal mehr als eine Untersuchung zu Arbeitslosigkeit oder Leerstand.“
Irgendwie habe ich das Gefühl, solche Dinge könnten gemeint sein, wenn von einer fortschreitenden Spaltung der Gesellschaft durch Corona gesprochen wird.