Am 11.12. brachte der Spiegel einen Artikel von Cornelia Schmergal mit folgender Überschrift und Untertitel.
Der Kassenarztchef und seine Rolle in der Pandemie – Wie Dr. Gassen ungewollt zum Helden der Corona-Gegner wurde
Andreas Gassen eckt ständig mit umstrittenen Aussagen an – bei Medizinern und in der Politik. Der Kassenarztchef selbst fühlt sich missverstanden.
Zitat daraus:
... Doch auch in Gassens eigener Organisation regte sich Widerstand. Eine Runde empörter Landesvorsitzender schloss sich eilig in einer Schalte zusammen, vereinbarte darin aber, öffentlich zu schweigen.
Die einzelnen Berufsverbände zeigten sich weniger nachsichtig. Auch Anästhesisten, Intensiv- und Notfallmediziner sowie Virologen protestierten. Sie klagten, sie seien als Unterstützer im Papier genannt, aber nicht eigens gefragt worden…
Was er verlangt, ist eine Strategie. Doch er steht jetzt für das Lager der Lockdown-Gegner.
Die AfD brachte einen Antrag in den Bundestag ein, um den Lockdown zu stoppen, und berief sich dabei auf das Ärztepapier. Ein kommunikatives Desaster.
Ob er sich daran stört, nun ungewollt zum Helden der Corona-Gegner geworden zu sein? »Ich finde die AfD furchtbar. Aber nur weil Herr Gauland mich vereinnahmt, macht das meine Aussage nicht falsch«, sagt er. Und die sogenannten Querdenker halte er, pardon, sowieso für »Bekloppte«.
……
Ich fand den Artikel tendenziös. Darüber kann man streiten. Auf alle Fälle schrieb ich im Forum einen Kommentar:
Es wird suggeriert, dass Dr. Gassen mit dem Papier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 4.11. allein steht. Schauen Sie mal nach, wie viele Ärzte- und Psychotherapeutenverbände sich als „Unterstützer“ eingetragen haben (https://www.kbv.de/media/sp/KBV-Positionspapier_Wissenschaft_Aerzteschaft_COVID-19.pdf): die Verbände der Allergologen, Chirurgen, Dermatologen, Radiologen, die Bundespsychotherapeutenkammer, der deutsche Hausärzteverband, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, der Virchowbund. Alles Deppen und Aluhüte? Ja, das Papier – explizit als Diskussionsgrundlage bezeichnet – ist auch bei den ÄrztInnen umstritten. So what? Daraus ein Alleinstellungsmerkmal Herrn Dr. Gassens konstruieren zu wollen – dass er nämlich allein steht, ist genauso tendenziös wie Krokodilstränen zu vergießen, dass er auch (!) Beifall von der falschen Seite bekommt. Verwendet die Autorin das „Beifall von der falschen Seite“-Argument, Aussagen von Dr. Gassen et al., mit dem Verdikt „ignorieren“ zu versehen? Der Chef von IQWiG (Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen) Prof. Windeler (Süddeutsche 29.10.20) meinte: „Wer in den letzten Monaten Zweifel geäußert hat, der konnte erleben, dass das Fragen als solches bereits als eine Form von Häresie betrachtet wurde… Und egal, ob man Zweifel an einzelnen Zahlen, Verlautbarungen oder Entscheidungen beziehungsweise deren Begründung hatte, oder man es wagte, auf einzelne Inkonsistenzen und Ungereimtheiten hinzuweisen, blitzschnell konnte man sich in der Kiste der „Relativierer“, „Verharmloser“ oder gleich der „Covidioten“ wiederfinden… Auch Qualitätsmedien gelang es zuweilen nicht mehr, zwischen Fragen und Verschwörung zu unterscheiden. Das hat Wirkung gezeigt: Ich kenne eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen, die sich sehr sorgfältig überlegen, ihre Fragen noch zu äußern – aus Sorge, mit den „Aluhüten“ in einen Topf geworfen zu werden.“
Der Spiegel (zählt er zu den Qualitätsmedien?) mischt kräftig mit!
Den Kommentar kann man zutreffend finden oder nicht. Aber meiner Meinung nach bewegt er sich im Rahmen einer zulässigen Meinungsäußerung.
Er wurde nicht veröffentlicht.
Zwei Stunden später etwa fragte ich nach.
Keine Reaktion
Abends schrieb ich nochmal und fügte die oben kopierte Version meines Beitrags bei:
Sehr geehrtes Moderationsteam,
ich habe ungefähr um 12.30 Uhr einen Kommentar zum Gassen-Artikel eingestellt (in Kleinigkeiten anders, habe mir die gesendete Version nicht gespeichert). Der Kommentar ist in zivilisiertem Stil, ohne Beleidigungen oder dergleichen abgefasst.
Ich habe dann zwei Stunden später nachgefragt, wieso er nicht veröffentlicht wird, ob ich was verkehrt gemacht habe. Keine Reaktion. Anscheinend gilt die „Freude“, von der Sie sprechen, nicht jedem und jeder. [Begrüßung der Foristen durch das Moderationsteam: „….Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.“ U.N.] Jetzt habe ich ihn in nachstehender Version nochmal gesendet. Bin gespannt, was jetzt passiert.
Zwei Stunden später:
Sehr geehrte Frau Neumann,
Der SPIEGEL macht es sich zur Aufgabe, eine anregende Debattenkultur herzustellen. Damit wir dieses Ziel erreichen, gelten auf unserer Seite Regeln für alle, die dort ihre Kommentare veröffentlichen wollen. Wir als Community-Team haben Ihren gelöschten Beitrag geprüft und mindestens ein Aspekt davon steht nicht im Einklang mit unseren Erwartungen an eine sachliche und respektvolle Diskussion.
Wir wollen ein offenes, freundschaftliches und respektvolles Diskussionsklima. Deshalb achten wir darauf, dass in Argumentationen ein fairer und sachlicher Ton herrscht, auch wenn in der Sache Differenzen ausgetragen werden. Unsere Gemeinschaft ist inklusiv, unterstützt einander, kritisiert nicht den Verfasser/die Verfasserin, sondern den Inhalt eines Kommentars. Zudem ist uns wichtig, dass Beiträge eng mit den jeweiligen Artikelthemen zu tun haben.
Wir verstehen, dass Texte sehr unterschiedlich rezipiert werden können, aber wir können zum Beispiel nicht ganz erkennen, wo suggeriert wird, Herr Gassen stünde mit dem Papier der KVB allein da? Gleiches gilt für den Vorwurf an den SPIEGEL, nicht mehr zwischen Fragen und Verschwörung zu unterscheiden, oder wo die Autorin das „Beifall von der falschen Seite“-Argument verwendet, Aussagen von Dr. Gassen et al., mit dem Verdikt „ignorieren“ zu versehen. Ganz im Gegenteil endet doch der Text damit, aufzuzählen, welche von „Herrn Gassens Vorschlägen schon Realität geworden sind“.
Viele Grüße aus Hamburg
Ihr Community-Team
Darauf suchte ich auf die Schnelle einige Stellungnahme von Foristen raus (es gab noch einen Haufen mehr im selben Stil und schrieb:
Lol. „sachliche und respektvolle Diskussion“. Damit meinen Sie vermutlich:
„Hier steht wohl eher der Wunsch nach Selbstdarstellung im Vordergrund, wie man unschwer herauslesen kann, wenn man auch nur einen Hauch Kenntnisse der Psychologie besitzt.“
„Es ist beinahe unerträglich, dass jeder noch so aufgeblasene Vorsitzende jeder zweiten Fachgesellschaft seinen Senf abgeben muss.“
„Dr. Gassen ist als Arzt untragbar.
Ein Arzt darf seine Meinung frei äussern.
In der Corona-Zeit darf er aber ohne Wenn und Aber nicht die Querdenker unterstützen.
Zum Wohle von Allen sollte er von seinen Posten zurück treten.“
Um nur drei Stellungnahmen zu zitieren, die Sie Wert fanden, veröffentlicht zu werden.
Ursula Neumann
Darauf die Antwort aus Hamburg.
Liebe Frau Neumann,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wenn Sie auf Inhalte stoßen, die nicht unseren Community-Standards entsprechen, nutzen Sie gerne unsere „Melden“-Funktion.
Viele Grüße aus Hamburg
Ihr Community-Team
22. Dezember 2020
Unglaublich!! … Dass es so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht!