Rezension (wirklich kein Rezensiönchen!!) zu „Tätiger Humanismus“

Unter : http://www.wissenbloggt.de/?p=52787 findet sich eine sehr ausführliche Rezension meines Buches „Tätiger Humanismus“, das im Herbst 2019 im Alibri-Verlag erschien. Fast ist man geneigt, zu sagen: nach der Lektüre der Besprechung kann man sich das Lesen des Buches selbst sparen… Ich hoffe aber, nicht.

Die Besprechung stammt von Siegfried R. Krebs,
http://www.freigeist-weimar.de/beitragsanzeige/ein-taetiger-humanismus-wie-koennte-der-wohl-aussehen/

Tätiger HumanismusWEIMAR. (fgw) Wer angesichts des Titels „Tätiger Humanismus“ mit dem vorliegenden Sammelband möglicherweise ein Rezeptbuch für seine praktische Arbeit in einer humanistischen Organisation erwartet hat, der dürfte enttäuscht werden. Worum es jedoch Herausgeber Horst Groschopp mit der Publikation von Ursula Neumanns Schriften geht, das wird mit dem Untertitel „Historische Beiträge zu aktuellen Debatten“ doch sehr deutlich. Denn Ursula Neumanns Texte stellen nach wie vor eine gute Handreichung für heutiges humanistisches, freigeistiges oder atheistisches Engagement dar.

In welche Debatten, die leider immer noch aktuell sind, hatte sie sich insbesondere in den Jahren 1990 bis 2000 eingemischt? Da ging es primär um die eigene Abwendung von Religion und Kirche und um eine dezidierte, weil fundierte, Religions- und Kirchenkritik. Da ging es um die Problematik Religions- und/oder Ethik-Unterricht sowie den Umgang mit Flüchtlingen. Und weil solche wichtigen Fragen immer noch nicht im humanistischen Sinne beantwortet sind, wurden hierzu auch einige neuere Wortmeldungen aus den Jahren 2017 und 2018 mit in den Sammelband aufgenommen. Lediglich zur „Kulturkritik“ gibt es keine historischen Beiträge, sondern nur einen aus dem Jahre 2017.

Von den insgesamt 18 Texten hat Ursula Neumann drei gemeinsam mit ihrem Mann Johannes verfaßt. Wobei in einem dieser Beiträge auch Sohn Joachim – als direkt Betroffener – zu Wort kommt.

Wenn man bereits vorab ein Fazit ziehen darf, dann geht aus allen Wortmeldungen hervor, daß Ursula Neumann unter „tätigem Humanismus“ keineswegs einen säkularen Sozialkonzern, also einen gemeinnützigen Geschäftsbetrieb a la Caritas oder Diakonie, versteht. Nein, für Ursula Neumann bedeutet dieser Begriff im Grundsatz nichts anderes als Zivilcourage. Oder anders gesagt bedeutet er engagiertes, bewußtes Aufbegehren gegen gesellschaftliche Mißstände in Staat und Gesellschaft. Bedeutet der Begriff das ein Eintreten für ein selbstbestimmtes Leben selbstbewußter und mündiger Bürger frei von religiöser u.ä. Bevormundung. Was letztlich eine reale Trennung von Staat und Religionen/Kirchen bedeutet, ja verlangt, und hier insbesondere eine reale Trennung der Kirchen/der Religion von der Schule. Was ja eigentlich in Deutschland seit 1919 von der Verfassung bzw. dem Grundgesetz geboten ist. Was vielleicht nach Schlagworten klingt, ist aber ganz profan zu sehen: Wie sieht es denn mit Frauenrechten tatsächlich aus, wenn es um den Schwangerschaftsabbruch geht? Oder wie mit dem eigenen Sterben, wenn es um ein selbstbestimmtes humanes Lebensende geht? Da scheinen wir hierzulande doch noch eher in feudalen als in demokratischen Zeiten zu leben.

Eine wichtige Fragestellung ist für Ursula Neumann, wie sich die in viele kleine und kleinste Organisationen gespaltene „säkulare Szene“ positioniert. Sie ermahnt daher, der Herausgeber hebt es in seinem Vorwort hervor, daß für diese Szene Humanität der Bezugspunkt sein muß, nicht aber Religion oder Kirche. Auf S. 30 in dieser Anthologie schreibt Ursula Neumann:

„Sich über Religion und Kirche zu definieren – und sei es über die Vorsilbe ‚a‘ oder ‚anti‘ ist meiner Meinung nicht nur deshalb gefährlich, weil sie einen an etwas bindet, was man ablehnt, sondern noch viel mehr, weil es die Bindung an etwas Bedeutungsloses darstellt.“

Man kann es auch kürzer sagen: Es genügt nicht zu sagen, wogegen man ist, man muß sagen, wofür man ist und hierfür muß man dann auch konkrete Angebote unterbreiten!

Biographisches und Gewißheiten

Die von Horst Groschopp ausgewählten 18 Texte sind in acht Komplexe gegliedert worden. Es beginnt mit „Biographisches“, darin einzig der Text „Wie werde ich ein guter Außenseiter?“ aus dem Jahre 2000. Hierin reflektiert Ursula Neumann die Abwendung ihrer Familie von Religion und Kirche. Was sie und die Kinder in einem katholischen Dorf da erleben mußten, das verschlägt einem den Atem. Man meint fast, dies sei einst in Zeiten der „Heiligen Inquisition“ geschehen.

Man stelle sich mal vor, so wären in der DDR erzkatholische Menschen behandelt worden… Man kann es sich aber nicht vorstellen, weil es das so nicht gab. Der Rezensent denkt da konkret an den einzigen Mitschüler seiner Klasse in einer mecklenburgischen Kleinstadt. Dieser Junge wurde weder von Lehrern noch anderen Kindern irgendwie gehänselt oder gar diskriminiert. Er wurde höchstens beneidet, weil er an katholischen Feiertagen problemlos von Unterricht freigestellt wurde.

Welche „Gewißheiten“ Ursula und Johannes Neumann aus ihrem bewußten Weg aus Religion und Kirche gewonnen haben, das spiegelt sich in den Texten „Vernunft und Verantwortung“ (1990) und „Die Welt ist voller Gläubigen“ (2000). Peinlich ist in diesem Zusammenhang jedoch ihr Loblied auf einen gewissen Herrn Biermann (Fußnote auf S. 43).

Religions- und Kirchenkritik

Der Komplex „Religions- und Kirchenkritik“ umfaßt vier Beiträge. Aufschlußreich, argumentativ und zugleich bestens ironisch, so muß man die „Anmerkungen zu einem bemerkenswerten Dokument der römischen Kongregation der Glaubenslehre“ – überschrieben mit „Theologie als Glaubensgehorsam“ – aus dem Jahre 1990- bewerten. Ja, das kann nur jemand so glasklar formulieren und analysieren, der selbst in religiösem Milieu aufgewachsen ist und dazu noch Theologie studiert hat. Und so lautet ihr vernichtendes Urteil aus berufenem Munde:

„Die katholische Theologie erfüllt nicht einmal theoretisch die Mindestvoraussetzungen der Wissenschaftlichkeit. Sie ist lediglich Sprachrohr einer Ideologie. An einer staatlichen Universität hat sie darum nichts verloren.“ (S. 73)

Der nachfolgende Text ist sehr ironisch gehalten, liest sich wie eine Satire, und ist dennoch absolut real, was bundesdeutsche Zustände angeht: „Johannes Dyba, der Heilige Bonifatius und die Geister, die wie gerufen kommen“ (1991).

Bundesdeutsche Zustände im „Dreieck Staat – Kirche – Gesellschaft“ und die „irrationale Angst des Staates vor der Trennung“ – das ist Thema des Aufsatzes „Von der Wiege bis zur Bahre“ (1999).

Gleich eingangs schreibt sie hier, wie Klerus, ihm hörige Politiker, Juristen, Medien etc., unisono am Erhalt des Bestehenden arbeiten:

„Es wird suggeriert, daß Religion und Kirchen – und nur sie etwas leisten könnten, was so überhaupt nicht leistbar ist: Die Herstellung eines Wertekonsenses. Das ist ebenso Scharlatanerie, wie die Angstmacherei, ohne Religion und Kirchen würde die Gesellschaft inhuman und zerfalle über kurz oder lang.“ (S. 84)

Da sich bis heute hier nichts geändert hat, stellt gerade dieser Beitrag eine sehr gute Handreichung für laizistische Politik dar. Etwas hat sich seither aber leider doch geändert, denn inzwischen suggerieren solches nicht bloß die traditionellen West-Parteien, sondern auch vorgeblich LINKE Politiker wie Gysi und Ramelow.

Ursula Neumann äußert sich in dem Zusammenhang „Zur Gottesfrage“, 2017 in einem Kommentar zu einer Diskussion im Humanistischen Pressedienst:

„Für mich ist es eine belanglose Frage, ob es ‚Gott‘ gibt. (…) Die Gottesfrage in den Vordergrund zu stellen, heißt meiner Meinung nach, das Pferd am Schwanz aufzuzäumen. Was mich immer wieder frappiert, ist der Glaube vieler AtheistInnen an die Macht vernünftiger Argumente. (…) Noch eins zur speziellen Situation der Kirchen in Deutschland. Nehmen wir an, die Nichtexistenz ‚Gottes‘ wäre zweifelsfrei nachgewiesen. Wer jetzt glaubt, am nächsten Tag träte der Bundestag zusammen, um alle Dotationen und Vorrechte der Kirchen zu streichen, der irrt. Zunächst würden diese darauf verweisen, daß die Verträge nicht mit dem lieben Gott, sondern mit ihnen geschlossen seien und daher weiterhin gültig. Dann würde argumentiert mit ‚Weltkulturerbe, ‚Wertevermittlung‘, ’sozialer Bedeutung‘ oder was weiß ich – und es ginge viel Zeit ins Land…“ (S. 115-118)

Religions- und Ethikunterricht

Nur drei Texte sind im Komplex „Religions- und Ethikunterricht“ versammelt, aber diese haben es in sich. Die Artikel und ihre logischen Argumentationen aus den Jahren 1997 und 1998 sind in keiner Weise veraltet, sondern sie können auch 20 und mehr Jahre danach immer noch verwendet werden. Gerade sie sollten auch heuer als eine unverzichtbare Handreichung angemommen werden.

Die Debatte hierzu dauert ja immer noch an und mit immer neuen Gegen-„Argumenten“ seitens der Verfechter eines pflichtigen Religionsunterrichts. In den relativ kurzen Artikel „Die Kunst den Bogen ungestraft zu überspannen“ (1997) skizziert Ursula Neumann, wie es 1919 zum Verfassungsparagraphen über den Religionsunterricht kam, wie schleichend – und mit Hilfe von Politik und Justiz – aus dem Recht auf einen konfessionellen Religionsunterricht eine Pflicht gemacht wurde. Und warum dann in Westdeutschland auf einmal ein Ersatzfach „Ethik“ eingeführt worden ist.

Und so wie der Klerus nebst ihm höriger Politik immer wieder auf das Grundgesetz pocht, wenn es um den Erhalt eines Religionsunterrichtes geht, so weist Ursula Neumann darauf hin, daß eben gerade dieses Grundgesetz auch eine ganz schlichte und praktikable Lösung anbietet:

„In bekenntnisfreien Schulen ist lt. Art. 7 Grundgesetz nicht ordentliches Lehrfach. Es liegt – bei Berücksichtigung des Elternwillens – in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers die bekenntnisfreien Schulen zur Regelschule zu machen.“ (S. 124)

Und im Prinzip sind ja die öffentlichen Schulen allesamt schon lange keine sogenannten „christlichen Gemeinschaftsschulen“ mehr. Dafür spricht allein schon die Tatsache, daß heuer rund die Hälfte der Einwohner – und damit auch der Schülerschaft – keiner christlichen Kirche mehr angehört.

Sehr lesens- und vor allem bedenkenswert ist der gewollt polemische Artikel „Sind Christen doch die besseren Menschen?“ (1998). Der Untertitel bringt es gleich auf den Punkt: „Das Märchen von der Bedeutung christlicher Wertevermittlung“. Dem ist nichts hinzuzufügen, meint der Rezensent!

Was die Neumanns erleben mußten, als sie um das Recht kämpften, daß ihr Sohn Joachim nach der legitimen Abmeldung vom Religionsunterricht nicht zur Teilnahme an einem „Ersatzfach“ gezwungen werden dürfe, das wird sehr detailliert im nachfolgenden Beitrag dargestellt. Unter der Überschrift „’Ersatzfach‘ Ethik“ (1998) geben sie Informationen zu ihrem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht am 17. Juni 1998. In diesem Verfahren wollten die Neumanns geklärt wissen:

„Es geht im Folgenden um drei Fragen: Erstens, darf der Staat einen konfessionsfreien Schüler zur Teilnahme an einem ‚Ersatzfach‘ für den Religionsunterricht verpflichten? Darf der Staat zweitens dieses ‚Ersatzfach‘ so gestalten, daß die (…) Schüler, die daran teilnehmen (müssen), gegenüber den (…) Teilnehmern am Religionsunterricht benachteiligt werden? Darf der Staat – drittens – unter Verletzung des Gebots zur weltanschaulichen Neutralität ein Schulfach einrichten, mit dem teils ausdrücklich erklärten, teils offensichtlichen Ziel, die Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht zu stabilisieren?“ Und sie begründen ihre Fragen wie folgt: „Niemand ist verpflichtet, einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft anzugehören. Nach Art. 7,2 GG haben die ‚Erziehungsberechtigten, das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen‘. Teilnahme am Religionsunterricht ist also ein Recht und keine Pflicht.“ (S. 149-150)

Es ist schon interessant zu lesen, mit welchen rabulistischen „Klimmzügen“ sowohl die Verfechter des Religionsunterrichtes als auch ihnen gleichgesinnte Juristen (und Politiker) klaren Antworten auswichen und noch immer ausweichen. Damit sich bloß nichts ändere. Z.B. wird von jenen auf diverse Landesverfassungen und Schulgesetze verwiesen, in denen auch heute noch geschrieben steht, daß die Jugend „zur Ehrfurcht vor Gott zu erziehen ist“. D.h. daß religionsfreie Kinder religionsfreier Eltern per staatlichem Zwang christlich indoktriniert werden dürfen.

Weibliche Selbstbstimmung

Drei Texte versammelt der Komplex „Weibliche Selbstbestimmung“, eingeleitet mit einer grandiosen Glosse aus dem Jahre 1993. Überschrieben ist diese prägnant mit nur einem einzigen Wort: „Schwangerschaftsabbruch“ und in Briefform gekleidet. Gerichtet an den „Herrn Bundesverfassungsricht“. Nun ja, dieses Schreiben hätte auch an den „Herrn Kirche“ adressiert sein können.

Was der Klerus unter Gleichberechtigung von Mann und Frau versteht, das legt Ursula Neumann in ihrem Beitrag „Christliche Gleichberechtigung“ aus dem Jahre 1994 offen. Sie spitzt das in der klugen Formulierung zu, mit Bezug auf konkrete Äußerungen eines katholischen Ordensmannes: „Er ist für mich Gewinner bei dem Wettbewerb ‚Wie verdrehe ich das Wort Gleichberechtigung so, daß das Gegenteil herauskommt?'“ (S. 191)

Und daher fragt sie im darauffolgenden Text: „Behandelt man so seine treueste Stütze?“ (1998). Daron geht es um das Verhältnis Frau und Kirche, insbesondere den Katholizismus betreffend.

Über Asyl, Flucht und/oder Einwanderung

Um den „Umgang mit Geflüchteten“ geht es drei Artikeln, beginnend mit „Eine ganz gewöhnliche Abschiebung“ im Jahre 1992. Wohl nicht nur für den Rezensenten dürfte aber der 2017 geschriebene, sehr kurze, Text „Gutmensch trifft Flüchtling“ von besonderer Beachtung sein. Hier theoretisiert Ursula Neumann keineswegs, sondern berichtet aus jahrelanger eigener ehrenamtlicher Arbeit in der Flüchtlingsbetreuung.

Was sie dafür als Ausgangspunkt gewählt hat, dürfte aber so manchen verbalen „Gutmenschen“ auf die Palme bringen und diesen womöglich sogar zur Diffamierungskeule greifen lassen. Nicht wider die „Asylanten“, sondern geschwungen gegen engagierte Ehrenamtler.

Denn Ursula Neumann schreibt: „Gutmensch trifft Flüchtling. Ich erinnere mich an die Zeit der Flüchtlingswelle im Jugoslawienkrieg. Jemand aus unserer damaligen Gruppe meinte, die Arbeit mit den Asylsuchenden bringe einen manchmal in Gefahr ausländerfeindlich zu werden.

Was hilft? Zunächst mal eine Entidealisierung der Flüchtlinge!“ (S. 234)

Ihre Schlußfolgerung dürfte erst recht grün-pfäffischen Gutmenschen nicht gefallen. Dabei ist gerade Frau Neumann praxiserfahren und geht an die Thematik realistisch, objektiv und auf humanistisch-solidarischer Grundlage heran. Dazu gehört nicht zuletzt eine ehrliche Offenheit.

„Flüchtlingsarbeit ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Aber nicht in dem Sinn: Ich gebe meinen gesammelten Idealismus und dafür erwarte ich, daß meine bürgerlich-mitteleuropäischen Erwartungen hinsichtlich Dankbarkeit und Wohlverhalten erfüllt werden, sonst bin ich beleidigt. Sondern: Ich gebe ein begrenztes Engagement, begrenzte Zeit und erwarte, daß die andere Seite sich an Absprachen hält und ihren Teil beiträgt.

Ja, ich weiß um die unterschiedliche kulturelle Mentalität. (…) Ist mir egal! Nein, ist mir natürlich nicht egal. Aber wer hier in Deutschland ist, hat sich an deutsche Regeln zu halten. So, wie ich in Afghanistan ein Kopftuch trage.

Keine Erwartungen an Flüchtlinge zu haben, alles zu verstehen, alles zu akzeptieren, führt zu nichts außer zu Frust bei den Helfern. Auf Selbstüberforderung und Selbstüberschätzung solgt Zynismus.. Wenn man dann auf dem harten Boden der Realität landet, wird das zu Unrecht den unwilligen, unfähigen Flüchtlingen angelastet.

Keine Gegenleistung zu fordern, schadet nicht minder den Flüchtlingen. (…) Und wir ärgern uns dann über diese depressive Anspruchshaltung, den Aberglauben an ein Grundrecht auf bedingungsloses Gefüttertwerden. Ein Aberglaube, der gut vorbereitet wurde von grotesken Gerüchten über das deutsche Schlaraffenland.“ (S. 234-235)

Dieses ausführliche Zitat, dem der Rezensent voll und ganz zustimmen kann, ist notwendig. Denn Ursula Neumann zeigt einen Weg auf, wie man der hierzulande zunehmenden Ausländerfeindlichkeit begegnen kann.

Folgerichtig hat sie 2018 noch einen weiteren Beitrag verfaßt, in dem es um Ratschläge beim aufkommenden „Frust in der Flüchtlingsarbeit“ geht. Hieraus sei nur ein einziger Satz zitiert:

„Ich lasse mich nicht von jenen Gutmenschen ins Bockshorn jagen, die wenig Anhung von der praktischen Arbeit haben, aber meinen, man müsse für alles Verständnis haben und die vor lauter politischer Korrektheit eine Sauerei nicht Sauerei genannt haben wollen.“ (S. 247) Ja, solch wirklichkeitsferne „political correctness“ nützt tatsächlich nur jenen, die sich z.B. unter dem Banner von PEGIDA etc. zusammenrotten…

Kulturkritik und Nachwort

Beiden Stichworten ist nur je ein Artikel zugeordnet. Unter der Überschrift „Quäl dich, du Sau!“ (2017) schreibt Ursula Neumann, wie es durchaus von der Selbstverwirklichung auch zu einer (neoliberalen) Selbstoptimierung kommen kann. Und in ihrer „komprimierten Bilanz“ weist sie u.a. darauf hin, daß es grundfalsch ist, wenn man sich nicht wehrt und wenn man in eigenen Ängsten gefangen bleibt.

 

Siegfried R. Krebs

Ursula Neumann: Tätiger Humanismus. Historische Beiträge zu aktuellen Debatten. Reihe Humanismusperspektiven, Bd.6. Taschenbuch. 276 S. Alibri-Verlag. Aschaffenburg 2019. 22,00 Euro. ISBN 978-3-86569-301-3


 

 

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