STRASBOURG – PARIS

Heute war ich zum Käsekaufen in Straßburg. Nicht nur deshalb, aber vor allem. (Vgl dazu auch mein Artikelchen „Vive le Umweltschutz“ ).

Zwei Tage nach dem Brand von Notre Dame war ich in Frankreich, in dieser (knapp) französischen Stadt, die auch um eine gotische Kirche geschart ist.  Es war mir ganz eigenartig zumute: Strasbourg und Paris gingen ineinander über. Ich blickte auf das Straßburger Münster und meinte, ich sähe Notre Dame. 

Das Augustbild in meinem Kalender von 2018 zeigt Notre Dame. Heute bin ich  besonders froh über dieses Bild.

Zum ersten Mal war ich 1974 in Paris. Über Weihnachten. Mit meinem VW-Käfer. Mutig, mutig! Dann immer wieder, mit Johannes, mit den Kindern, ohne die Kinder. 2013, kurz vor seinem Tod noch mal als kurzes Atemholen und Mich-Vorbereiten gleichzeitig. Der Friedhof Père Lachaise war damals der zentrale Ort für mich. Dann zuletzt 2017.

Ob ich jetzt wieder hinfahre?

Es fühlt sich anders an, als wenn der Eiffelturm, der so gut geschützte, zerstört worden wäre. Die Reaktion der Menschen gibt mir ein wenig Hoffnung: Anscheinend sind wir doch mehr Europäer, als es im aktuellen Gezänk und Gemäkele aussieht. 

Eine Industriellenfamilie spendet 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau. Wohl dem, der kann! Ein schales Gefühl: Was ist da los, dass jemand 100 Millionen Euro locker machen kann und danach trotzdem nicht von Kartoffelsuppe lebt? Da kann ich mich nicht so recht freuen. Besagte Industriellenfamilie hat ein Vermögen von ca. 35 Milliarden Euro. Ich rechne: Ein Prozent von 35 000 000 000 Euro sind 350 Millionen, wenn mich nicht alles täuscht. Das heißt. Die Familie spendet aufgerundet 0,4% ihres Vermögens. Umgerechnet auf jemanden, der keine Steuersparmodelle (erlaubt oder nicht erlaubt) nützt und so dem Staat (Wir sind der Staat!) ein hübsches Sümmchen Jahr für Jahr entzieht… also umgerechnet auf den gutbürgerlichen Haushalt  mit einem Vermögen von 130 000 Euro entspricht das einer Spende von irgendwas zwischen 500 und 600 Euro. Mäßig beeindruckend, oder?  So ist das halt mit dem Scherflein der Witwe….   

Gleichzeitig denke ich auch an jene Familie hier in der Ortenau, die ihren „Kuhstall“, ein uriges Lokal, das ihre Existenzgrundlage war,  kürzlich durch einen Brand verloren hat. Im Autorennetzwerk Ortenau/Elsaß wird überlegt, eine Benefizveranstaltung zu machen. Aber was wird da schon reinkommen? Das hätte eher symbolischen Charakter, denke ich resigniert. 100 Millionen Euro…. 

Aber zurück zum Straßburger Käse.

In dem Geschäft war nur mein Freund mit dem gezwirbelten Schnurrbart zugange und ich ließ mich beraten, weil er am besten weiß, welcher Käse im Augenblick richtig reif ist. 

Ein bisschen zögerte ich, dann sagte ich ihm, ich hätte ein Buch geschrieben, in dem er vorkomme, und zitierte aus dem Kopf:

Der Verkäuferin versuchte ich zu erklären, dass ich den Käse erst am Dienstag brauche, sie schlug vor, ihn zu vakumieren. Ich bedankte mich für die Lösung des Problems und wurde unsicher über den Artikel „le problème??“ – „Oui“ schaltete sich der Chef ein, der einen gezwirbelten Schnurrbart hat, für den er sicher Haar- oder Bartfestiger braucht, „le problème et la solution“. – „Comme toujours: les problèmes sont masculins et les solutions sont féminines“ meinte ich. “Mais: pas de problèmes, pas de solutions“ gab er zurück. Auch wieder wahr. (Der Kirchenrechtsprofessor nimmt Vernunft an, wird mit mir glücklich und stirbt, S. 109)

Als erstes forderte er Gewinnbeteiligung. Hätte ich bloß nichts gesagt! Dann erzählte er: Beim (französischen) Militär hätte es geheißen: Für jedes Problem gibt es eine Lösung. Wenn es keine Lösung gibt, existiert auch kein Problem. 

Als die Kasse den Gesamtbetrag errechnet hatte, entrann sich ihm ein kurzes „Uff“ (naja, immerhin bedeutete das eine Menge Stempel auf meiner carte de fidélité). Ich fand mich auch etwas übertrieben, aber erlaubte mir keine Reue. Als ich nach Hause kam, war ein Bescheid von der Deutschen Rentenversicherung da: Mir stünde wegen Erhöhung der sogenannten „Mütterrente“ für die Zeit vom 1.1. bis 31.3.19 eine Nachzahlung zu. Ergebnis: wenn ich diesen Betrag von der Käserechnung abziehe, verringert sich die Summe, die ich tatsächlich aus eigenem Geldbeutel zahlen muss auf  genau 2.03 Euro. (Ich verschweige welcher Betrag von welchem abgezogen wurde, teils um die Rentenversicherung mit ihrer Knickrigkeit nicht bloßzustellen, teils damit ich keinen roten Kopf kriegen muss, weil ich mal wieder maßlos war.)    

 

 

 

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