Da hat man doch gedacht, Herr Laschet wollte sich als moderates Gegenbeispiel zu Söder präsentieren. Weit gefehlt! Ab Montag, 27.4. besteht in NRW Maskenpflicht in psychotherapeutischen Praxen. Und zwar für beide Seiten.
In einem ÄrztInnen-/ZahnärztInnen-/PsychotherapeutInnen-Chat wird das diskutiert. Kontrovers. Aber ich habe mir erlaubt, im Folgenden eine Auswahl von Aussagen zu zitieren, die mir in den Kram passen. (In der Süddeutschen stand am Freitag zurecht: Jede(r) lebt in seiner Corona-Blase – nämlich konsumiert am liebsten Ansichten, die die eigene bestätigen. Kein ganz neuer Hut.)
Zwei Statements stammen übrigens von mir. Welche? Wetten werden entgegengenommen!
„….und dann weinen die Patientin die Maske – auch aus infektionsvirologischen Gesichtspunkten dürfte das doch Quatsch sein!?!“
„langsam wird es skurril.“
„Noch vor 4 Wochen waren sich die meisten Wissenschaftler einig, dass die Maske nichts bringt, ja sogar gefährlich sein kann. Seitdem gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die das widerlegen. Nur die Meinung über das Tragen von Masken hat sich geändert. Diese Entscheidung rückt manches für mich in die Nähe von Viktor Orban. Nur da tut es einer, der Diktator und hier tut es ein demokratisches System zu unserem Besten. Diese Form der aggressiven Fürsorge („gut gemeint“) begleitet uns inzwischen von der Wiege bis zur Bahre“.
„hier [Bundesland XY] …ist es noch nicht ganz so verrückt, aber erfahrungsgemäß wird man auch hier den Unsinn nachmachen, mit dem andere vorgeprescht sind. Sollte der Quatsch mit der Gesichtsmaske in Arztpraxen auch hier verordnet werden, werde ich mir kraft meiner fachlichen Autorität selbst ein Attest ausstellen, dass ich aufgrund meiner Klaustrophobie leider keine Gesichtsmaske tragen kann.“
„Ich erinnere auch noch an den Rat von Herrn Lauterbach, der vor ca. 10 Tagen bei Markus Lanz den Tipp gegeben hat, man möge doch Staubsaugersäcke verwenden und sich damit selbst Masken basteln. Tags darauf haben sich „dm“ und „swirl“ mit Warnmeldungen überschlagen, um Gottes Willen keine Staubsaugersäcke zu verwenden, da diese an der Innenseite mit einem Material beschichtet seien, die schwere Lungenschäden erzeugen können.“
„Eine Anordnung ist eine Anordnung, einverstanden! Aber das darf niemanden daran hindern, seinen eigenen Verstand zu gebrauchen. Wenn jemand die Maskenpflicht in einer psychotherapeutischen Praxis hilfreich finde – o.k.. Ich selbst finde sie unsinnig und kontraproduktiv – und das sage ich nicht aus dem hohlen Bauch, sondern habe mich gründlich informiert. Maske beim Edeka oder im Bus – meinetwegen, da halte ich mich in übertragener Form an den Satz „wenn es der Wahrheitsfindung dient“. Aber in meiner Praxis werde ich eine Anordnung, die ich für unsinnig und schädlich halte, nicht durchführen. Was mich ein bisschen erschreckt in der Diskussion: Wie wenig hier Bereitschaft ist, auch Widerstand zu leisten. Oder nehme ich das nicht richtig wahr? Geht ja nicht darum, dass man berechtigte Angst hat, gleich ins Straflager zu kommen. Sondern nur wenn die Leute, die die Maßnahme falsch finden, das auch laut kundtun und entsprechend handeln, findet überhaupt eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit statt. Ansonsten noch die Frage: Was machen eigentlich unsere Berufsverbände????“
„Es sind hier schon einige da, die noch selbst denken und fühlen und in Eigenverantwortung handeln. Und noch dazu ihren Mund aufmachen. Auch ich gehöre dazu. Die Berufsverbände hier in Bayern haben zu Beginn der Coronakrise aus meiner Sicht obrigkeitshörig und in vorauseilendem Gehorsam uns alle benachrichtigt, dass wir die Praxen außer für „medizinisch notwendige Fälle“ geschlossen halten müssen. Bis sie bemerkt haben, dass die Regierung uns mit den Physiotherapeuten verwechselt hatte :). Eine Woche später sind sie dann zurückgerudert, bis noch eine Woche später die Behörden dazu aufgerufen haben, dass wir zusätzlich (auch ehrenamtlich!) doch bitte Notfallsprechstunden für Coronabetroffene anbieten sollen. Ich setze also nicht sehr auf Kammer und Berufsverbände, sondern reagiere wie oben gesagt.“
„Das wäre ohnehin eine interessante Frage an unsere Psychologen: ist diese Schicksalsergebenheit / Gleichgültigkeit, die wir derzeit erstaunlicherweise in der Mehrheit der Bevölkerung erleben, bereits ein Zeichen für einsetzende hedonistische Adaptation?“
„Hedonistisch… hm. So empfinde ich es nicht gerade – außer vielleicht im Sinne von „Brave new world“. Aber sonst: einverstanden. So weit weg vom „autoritären Charakter“ scheinen wir nicht zu sein. Wobei der Wunsch nach „der objektiven Wahrheit“ einem meiner Meinung nach auf den Holzweg bringt. Wir müssen damit leben, dass weder „die da oben“ noch „die Experten“ noch Sie und ich „die“ Wahrheit kennen. Wie sehr wir aber Sehnsucht nach dieser „Sicherheit durch Wahrheit“ haben, wird womöglich gerade daran deutlich, dass wir im Moment so häufig keinen sachlichen Diskurs erleben, sondern eher einen Glaubenskampf mit einem glasklaren moralisch gefärbten „Entweder –Oder“ (Söder hat das unnachahmlich formuliert “Menschenleben vor Shoppingtouren“). Dabei wird jeder mit abweichender Meinung entweder als Depp oder völlig verantwortungslos abgestempelt. Ich entdecke diese Tendenz bei mir selbst und kämpfe tapfer dagegen. Wünschen würde ich mir, dass wir alle respektvoll miteinander umgehen.“
„Ich pflichte Ihnen absolut bei. Erlebe mich zwischen Praxis und vorurteilsmässigen Fastausrastern bei vermeintlicher Dummheit der Mitmenschen……. habe mich dann aber in einem Moment alter Gewohnheiten auch extrem nah zur Nachbarin stellen wollen als wir redeten…..vielleicht zunächst wichtig Ruhe zu bewahren, wertschätzend miteinander umzugehen und den Humor nicht zu verlieren…… wenn vielleicht auch keine großen Erkenntnisse.“