Ich glaub’s nicht! Anscheinend hat dem bislang ersten und einzigen grünen (!!!) Ministerpräsidenten niemand verklickert, dass er mit dieser Formulierung tief in die Obrigkeitsstaat-Kiste greift. Hätte er aber auch selbst wissen können, gehört so ein bisschen zum Allgemeinwissen. Aber vielleicht ist es noch viel schlimmer: Er hat das ganz bewusst so formuliert. Irgendwie habe ich mir auf alle Fälle das Demokratieverständnis der Grünen anders vorgestellt.
Ruhe ist die erste Bürgerpflicht
Zur Erinnerung: Die ursprüngliche Fassung lautet: „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ und stammt vom preußischen Minister Graf Schulenburg gebraucht:
„Als die erste Nachricht von der unglücklichen Schlacht bei Jena (1806) nach Berlin kam, ließ der Minister Graf Schulenburg an die Straßenecken der Stadt rote Zettel schlagen, auf welchen stand: „Der König hat eine Bataille verloren. Jetzt ist Ruhe die erste Bürgerpflicht; ich bitte darum. Schulenburg.“
Immerhin: Er bat noch darum… so klingt es bei Kretschmann nicht.
Naja, erinnert mich an ein anderes geflügeltes Wort:
Ein Preuße muss nur eins fürchten, Gott – und Otto von Bismarck. (Wilhelm I)
„Die Grünen“ – war das nicht mal eine antiautoritäre Protestpartei?
Ich bin zwar keine Preußin, aber so allmählich fürchte ich Kretschmann… der will sich wohl als „eiserner Ministerpräsident“ profilieren. Hat er nicht auch vor Weihnachten ’20 dem Volk klar kundgetan, was sein muss und was nicht? „Partys muss man nicht feiern, arbeiten und lernen schon!“ Oder gilt hier: (immer noch) katholisch und einstiges K-Gruppenmitgied… das prägt vielleicht doch mehr, als man gemeinhin glaubt. Ach ja, es gab mal eine Zeit, da galten „Die Grünen“ als antiautoritär.
Jetzt habe ich ich wieder so halb beruhigt: Impfen mag ja Bürgerpflicht sein (mindestens in den Augen meines Landesvaters). Aber von Bürgerinnenpflicht ist nicht die Rede. (by the way: ich bin zweifach geimpft – aber ich habe solche Dekretierungen verdammt noch mal nicht gern, was „Bürgerpflicht“ ist und was nicht.
„Mit Verlaub, Herr Ministerpräsident, Sie sind ein…“, wandle ich das Wort Ihres Grünen-Kollegen Joschka Fischer von 1983 geringfügig ab. Da galten die Grünen noch als „Protestpartei“.