Es gibt so vieles, was ich nicht weiß, aber wissen sollte.
Eine Wissenslücke hat Heribert Prantl bei mir geschlossen: Heute – mit gewaltiger Verspätung – las ich seine Kolumne vom 9.3. in der Süddeutschen Zeitung (https://www.sueddeutsche.de/politik/prantl-kolumne-thunberg-europa-klima-vision-1.4359918)
Mit der Überschrift „Visionen – Nationalismus, Fundamentalismus und Extremismus sind die Pest. Fatalismus ist zusätzlich die Cholera. Es gibt keine gute Zukunft ohne Bilder von dieser Zukunft“.
In diesem Artikel erwähnt Prantl das „Manifest von Ventotene“ für ein freies und geeintes Europa. Verfasst wurde es von drei italienischen Antifaschisten und Sozialisten im Jahr 1941 Sie waren in jener Zeit von Mussolini auf der Insel Ventotene gefangen gehalten. Man muss sich das mal überlegen: 1941 – Polen, Frankreich von Nazi-Truppen besetzt, Luftkrieg gegen Großbritannien, Balkanfeldzug, Beginn des Kriegs gegen Russland – und in diesem Inferno denken drei Menschen über die europäische Zukunft nach!
Prantl: „Ein europäischer Bundesstaat war darauf beschrieben, einer, der eine Armee und eine Polizei aufstellt, der eine Gemeinschaftswährung einführt und der für eine gemeinwohlorientierte Wirtschaft sorgt. Diese Zukunftsideen für Europa wurden zu einer Zeit geschrieben, in der Hitler im Zenit seiner Macht war.“
Ich google mich weiter durch und stoße auf die Seite von Thomas Schmid von der „Welt“ http://schmid.welt.de/2016/08/22/der-geist-von-ventotene/
Uff… ja, Google ist ein Segen. Wobei ich natürlich nicht über Google gehe, sondern über die diskrete www.startpage.com, die gerade auch von Stiftung Warentest nachdrücklich empfohlen wurde. Ende der Schleichwerbung. Und nochmals Uff: Auch hinter der „Welt“ steckt manchmal ein kluger Kopf.
Bei Thomas Schmid lese ich über Spinelli, einen der Autoren des Manifests: „er gehörte zu den wenigen prominenten Kommunisten Italiens, die sich schon in den Dreißigerjahren von Stalin, den Moskauer Prozessen und ganz allgemein dem sowjetischen System distanzierten – was ihm 1937 den Ausschluss aus dem PCI einbrachte. Er ‚untergräbt die bolschewistische Ideologie und hat sich in einen Kleinbürger verwandelt‘, hieß es im Ausschlussbescheid.“
Es gibt sie immer wieder, diese unabhängigen mutigen, rechtschaffenen (ach, das Wort mag altmodisch sein, aber trifft es) Menschen. Bei dieser Sorte von Engagierten ist es auch kein Wunder, dass sie – auch wenn sie sich als Sozialisten verstehen – eine Führungsrolle der Arbeiterklasse ablehnen: „und zwar mit einem bestechend einfachen und liberalen Argument: Gäbe es diese Führungsrolle, wären alle, die nicht der Arbeiterklasse angehören, benachteiligt – und Benachteiligung passt nicht zu einer freien Gesellschaft.“ (Thomas Schmid, a.a.O.)
Wie kommt jetzt das Manifest für ein „freies und geeintes Europa“ zum Brathähnchen?
Genauer gesagt: Das Manifest kam ins Brathähnchen. Heimlich geschrieben auf Zigarettenpapier, wurde es von der Insel durch Ursula Hirschmann, die mit zweien der drei Verfassern des Manifests verheiratet war (nacheinander natürlich) im Bauch eines Brathähnchens geschmuggelt. (https://europa.eu/european-union/sites/europaeu/files/foundingfathers-ursulahirschmann-de-hd.pdf).